1. Kammerkonzert

Aufbruch Umbruch Ausbruch

Werke von Henze, Haydn, Skalkottas und Schostakowitsch
Hans Werner Henze Sonatina für Trompete
Joseph Haydn Streichquartett op. 77 Nr. 1
Nikos Skalkottas Quartette Nr. 1 und 2
Dmitri Schostakowitsch Streichquartett Nr. 8
Brüche, geschichtliche wie biographische, stören meist einen Entwicklungsfluss, oft aber setzen sie eine eigene kreative Energie frei. Hans Werner Henzes kurze Sonatina für Trompete zeigt sich als konzentrierter Speicher solcher identitätsbildender Umbruchsmomente: hinter dem Spiel mit den vielfältigen technischen Möglichkeiten der Trompete schimmert sein progressiver und zugleich kritischer Geist hervor, der abstrakte Konzepte in eine klassische Formsprache integriert. Die zwei Welten, die Nikos Skalkottas dagegen zu vereinbaren hatte, lagen sich für wirksame Synthesen zu fern. Die Zwölftontechnik, die ihn als Student Schönbergs in Berlin geprägt hatte, war im Athen der 30er Jahre niemandem nahezubringen, auch wenn er die Kluft virtuos durch heterogene Strukturen zu überbrücken suchte. Von dieser virtuosen Kunst zeugen auch Joseph Haydns Quartette. Experimentierfreudig wie eh und je navigiert der sogenannte „Vater des Streichquartetts“ seine Königsgattung im späten op. 77 durch eine Zeit des sozialen Umbruchs, dass man sich fast an der Nahtstelle zu Beethoven wähnt. Düster und explosiv indessen ist die Energie in Dmitri Schostakowitschs 8. Streichquartett. Mit zahlreichen Eigen- und Fremdzitaten übt er implizit Regimekritik und bricht musikalisch aus einem erdrückenden Repräsentationszwang aus.