Preview Madrigale: Quälend süße Einsamkeit

Sechs Musikfilme über Gefühle im Ausnahmezustand

Als 1630 trotz strenger Quarantäneregeln und hygienischer Vorkehrungen eine letzte Welle der Pest über die florierende Handelsstadt Venedig hereinbrach, begann sich gerade eine neue Kunstform zu etablieren: die Oper. Entstanden war sie keineswegs aus dem Nichts. Schon frühere Formen weltlicher Vokalmusik setzten das Drama menschlicher Gefühle musikalisch in Szene, vor allem das Madrigal – ein mal elegischer, mal leidenschaftlicher Gesang mit schlichter Begleitung, bei dem die Spiegelung innerster Zustände nach außen künstlerisches Prinzip war; gesungene Gedichte über Einsamkeit, Liebesleid und die Sehnsucht nach dem Einklang mit der Natur. Einer ihrer prominentesten Komponisten, Claudio Monteverdi, verlor an den Auswirkungen der Seuche seiner Zeit übrigens einen seiner Söhne.

Die Staatsoper hat sechs Videokünstler*innen eingeladen, diese vierhundert Jahre alten Seelenminiaturen von Komponisten wie Monteverdi, Tarquino Merula und Carlo Milanuzzi mit Sänger*innen des Ensembles und – derzeit arbeitslosen – Barockspezialisten filmisch neu zu deuten. Ihre Drehorte sind abrupt verwaiste, scheinbar erstarrte Orte von Gemeinschaft und Öffentlichkeit in und um Stuttgart: der Flughafen, die Staatsgalerie, nächtliche Straßen, das leere Opernhaus.

Kurz vor den Spielzeitferien zeigen wir diese filmisch-musikalischen Momentaufnahmen des Ausnahmezustands, die hoffentlich schon bald vor allem Erinnerungen für die Zukunft sind, als Preview eines entstehenden Episodenfilms: Si dolce èʼl tormento – so süß kann Leiden sein …
Ort
Opernhaus