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27.11.2025 Kleine Stimmen, große Bühne

Kleine Stimmen, große Bühne

Die Stadtbibliothek Stuttgart hat den Kleinen Kinderchor der Staatsoper Stuttgart für ein Advents-Mitsingkonzert eingeladen: Am Freitag, den 5. Dezember singen die Kinder Weihnachtslieder und bekannte Songs aus Kindermusicals – und alle Anwesenden sind herzlich eingeladen, mitzusingen. Bernhard Moncado, stellvertretender Chordirektor und Leiter des Kinderchors, hat die Lieder einstudiert. Im Gespräch erzählt er, wie sich der Kinderchor in den letzten Jahren stetig weiterentwickelt hat.
Lieber Bernhard, die Vorbereitungen für euer adventliches Konzert laufen auf Hochtouren! Wie ist denn die Stimmung bei den Proben? Sind alle sehr aufgeregt?
Natürlich, aber es ist vor allem die Vorfreude auf diesen ersten Auftritt außerhalb der Staatsoper überhaupt, und wir sind bereits in den intensiven Endproben.
Das Mitsingkonzert gestaltet ausschließlich der so genannte „Kleine“ Kinderchor. Der „Große“ Kinderchor mit erfahreneren Sänger*innen spielt derzeit einen wichtigen Part in der Neuproduktion Die schlaue Füchsin. Wie kam es zur Aufteilung in einen Großen und einen Kleinen Kinderchor?
Was mich gleich zu Beginn meiner Zeit an der Staatsoper Stuttgart begeistert hat, war Viktor Schoners Idee, den Kinderchor neu zu strukturieren und weiter professionell aufzubauen – und ich möchte behaupten, dass wir damit auf einem wirklich guten Weg sind: der Kinderchor entwickelt sich stetig weiter und übernimmt mehr und mehr Aufgaben bei Opernproduktionen. Mittlerweile gibt es fast doppelt so viele Stücke am Haus mit Kinderchor-Beteiligung als zuvor.
Bernhard Moncado auf der Hinterbühne während einer Vorstellung von "Die schlaue Füchsin" und spontan umringt von den "Fuchskindern" (c) Foto: Staatsoper Stuttgart
Wie seid ihr da vorgegangen?
Zuerst war eine administrative Trennung zwischen Kinderstatisterie und Kinderchor nötig, dafür wurde eine zweite Chorinspizienten-Stelle geschaffen, die sich zu 50 % um die Belange des Kinderchors kümmert. Dann wurde es ermöglicht, für unser Team eine zweite Stimmbildnerin zu engagieren. Das Schöne daran: Wir konnten diese Stelle mit einer Chorsängerin aus dem Haus besetzen, die neben ihrer solistischen Gesangsausbildung auch stimmpädagogische Erfahrung hat.

Danach haben wir den Chor sukzessive vergrößert – der frühere Kinderchor war mit ca. 25 bis 30 Kindern noch relativ klein besetzt. Und schließlich erfolgte die Aufteilung in einen Kleinen Kinderchor für ca. Sieben- bis Elfjährige – der auch als Vorbereitungschor fungiert – und in den Großen Kinderchor für Kinder und Jugendliche ab ca. 11 bis 20 Jahren. Wobei wir keine Altersbegrenzung nach oben haben – die Jugendlichen dürfen auch bis zum Eintritt ins Studium dabeibleiben, wenn sie möchten.
Wie viele Kinder und Jugendliche singen insgesamt bei beiden Chören?
Mittlerweile sind es beim Kleinen Kinderchor ca. 25, beim Großen ca. 70 Mitglieder. Weil immer wieder Kinder und Jugendliche den Chor verlassen, veranstalten wir einmal im Jahr ein offenes Vorsingen für Interessierte mit vorgegebenen klassischen Volksliedern: Dieses Vorsingen wird aktiv beworben und findet in dieser Saison am 25. Februar 2026 statt. Zusätzlich gibt es einmal im Jahr ein sogenanntes Übergangsvorsingen. Dabei können sich Mitglieder aus dem Kleinen Kinderchor für die Aufnahme in den Großen Kinderchor bewerben.

Damit die Kinder des Kleinen Kinderchors sich langsam an Publikum gewöhnen können, haben wir die Weihnachts- und Adventskonzerte eingeführt. Diese waren zuerst als nicht-öffentliche Konzerte sowohl für die Eltern wie auch für die Beschäftigten der Staatstheater gedacht. Und mittlerweile haben wir unser Programm um Musicals erweitert: Es gibt einen ganz eigenen Literaturbereich für Kindermusicals.

Um die Kinder auch auf die szenische Arbeit auf der Bühne vorzubereiten, wurde unser theaterpädagogisches Programm um einen szenischen Basisunterricht erweitert: Das sind freiwillige Workshops, die alle zwei bis drei Monate stattfinden und von unseren Regieassistent*innen geleitet werden. Dabei geht es um szenische Grundkenntnisse: Wie fällt man? Wie stellt man Angst dar oder Freude? Wie schleicht oder springt man? Alles szenische Bewegungen, die aber mit Gesang kombiniert werden.
Wie viele Kinder sind in den letzten Jahren vom Kleinen in den Großen Kinderchor gewechselt?
Fast alle. Außerdem haben wir das Glück, mit der Kinder- und Jugendstatisterie zusammen arbeiten zu können. Denn das große Ziel fast aller Kinder, die im Kleinen Kinderchor anfangen, ist: irgendwann mal auf der großen Bühne zu stehen! Und für die, die den Wechsel nicht schaffen, gibt es eben die Alternative in der Statisterie zu agieren – nicht nur in der Sparte Oper, sondern auch in beiden Sparten Ballett und Schauspiel. Als Dreispartenhaus haben wir stets einen großen Bedarf an Statist*innen aller Altersgruppen.

Es ist mir ein großes Anliegen, diesen Kindern eine musische Ausbildung anzubieten, bei der sie sich weiterhin kreativ entfalten und einbringen können. Es ist übrigens auch für die anderen Sparten hilfreich, wenn sie auf Kinderstatist*innen zurückgreifen können, die gerne auf der Bühne stehen, bereits Grundlagen mitbringen und nicht jedes Mal aufs Neue gecastet werden müssen.
Gibt es auch Konzerte mit Kinderchor-Beteiligung?
Ja, denn auch im Konzertbereich haben wir eine sehr gute Qualität erreicht: Die im Sommer 2022 in der Liederhalle konzertant aufgeführten Szenen aus Goethes „Faust“ von Robert Schumann zum Beispiel wurden erstmalig vom Kinderchor und Staatsopernchor gemeinsam gestaltet. Und auch beim Mahler-Zyklus des Staatsorchesters in der Liederhalle, also bei Mahlers 3. und 8. Sinfonie, war der Große Kinderchor mit dabei.
Dann wünschen wir allen viel Spaß und Erfolg und drücken ganz fest die Daumen!
Ensemblesolist*innen, Kinderchor und Staatsopernchor Stuttgart sowie Staatsorchester Stuttgarter unter der Leitung von GMD Cornelius Meister bei der Probe zum Sinfoniekonzert "Mahlers Achte" in der Liederhalle
Bernhard Moncado im Gespräch mit Claudia Eich-Parkin.