Engelbert Humperdinck

Hänsel und Gretel

von Engelbert Humperdinck Ein Märchen über Hoffnung und Not erzählt von Kirill Serebrennikov Altersempfehlung für Familien: Ab 8 Jahren Zur Altersempfehlung für Schulklassen
»Herrgott, wirf Geld herab! Nichts hab ich zu leben, kein Krümchen, den Würmern zu essen zu geben« – der verzweifelte Ausruf von Hänsels und Gretels Mutter bringt die Situation der Familie auf den Punkt. Der Hunger zehrt an allen, die Kinder müssen arbeiten und dürfen nicht spielen, der Vater betäubt seine Situation mit Alkohol. Kein Wunder, dass die Kinder, in die Wildnis geschickt und unter Ängsten dort eingeschlafen, eine Gegenwelt vor sich sehen – ein komplett essbares Haus, scheinbar für sie allein. Aber dieses Haus ist nicht zum Verzehr für sie gedacht, im Gegenteil: Hier sollen die Kinder selbst verspeist werden.

Engelbert Humperdinck und Adelheid Wette schufen in den frühen 1890er Jahren nicht nur die berühmteste aller Märchenopern, sondern auch eine präzise Darstellung sozialer Not. So arm, dass es an Essen fehlt? Solche Armut kennen wir seit Jahrzehnten nicht mehr, wir haben sie in andere Länder »ausgelagert«. Der russische Regisseur Kirill Serebrennikov sucht sie dort, wo wir sie vermuten und wohin unser Schuldgefühl sie projiziert: in Afrika. »Wenn die Not aufs Höchste steigt, Gott der Herr die Hand uns reicht« verspricht das Libretto von Adelheid Wette. Aber wie können wir verhindern, dass das Lebkuchenhaus zum Schlachthaus wird? Und wen müssen wir dafür in den Ofen schieben?

Der Regisseur, Bühnen- und Kostümbildner Kirill Serebrennikov ist seit dem 23. August 2017 unter Hausarrest gestellt; zugleich wurde ihm ein Kommunikationsverbot auferlegt. Unter diesen Umständen kann er die Produktion Hänsel und Gretel derzeit nicht zur Premiere führen. Die Oper Stuttgart wird daher in dem zur Verfügung stehenden Probenzeitraum eine szenische Präsentationsform entwickeln, die mit Materialien umgeht, die in den Vorarbeiten entstanden sind und von Kirill Serebrennikov für die Premiere am 22. Oktober 2017 als erste Etappe seines Hänsel und Gretel-Projektes freigegeben wurden. Dieses Material stammt aus einem abendfüllenden, im April dieses Jahres in Ruanda und Stuttgart gedrehten Spielfilm, sowie aus einer in Koproduktion mit dem SWR entstandenen Dokumentation dieser Dreharbeiten durch ein Team der Filmakademie Baden-Württemberg in der Regie von Hanna Fischer.
Ort
Opernhaus
Dauer
1. Teil: ca. 1 Std. 5 Min.
Pause (nach dem 2. Bild): ca. 25-30 Min.
2. Teil: ca. 45 Min.
22. Oktober 2017
Pressestimmen
zur Premiere am 22.10.2017
22.10.2017
„Ein über weite Strecken berührender, aufwühlender Theaterabend wurde da in Stuttgart geboren, zumal die Sänger, das Orchester und der Chor sowie die Darsteller im Film eine dramatische Dichte entwickeln.“

„Die Kunst trotzt der Freiheitsberaubung“ von Marco Frei
Neue Zürcher Zeitung
24.10.2017
„Als das Ensemble beim Schlussbeifall ins Opernhaus winkt, als sogar die beiden farbigen Hauptdarsteller auf die Bühne kommen, reißt es die Menschen von den Sitzen. Tränen, Emotion, auch Trotz und die Gewissheit: Für ihre Situation hat die Stuttgarter Staatsoper die richtige Lösung gefunden. […] Ohnmacht, Überforderung, Hilflosigkeit, Unfertigkeit sind kein Malus, alles wird – auf teils fantasievolle Weise – sichtbar gemacht.“

Serebrennikov zeigt […] überragende Filmregie-Qualität. Halbdokumentarisch ist alles mit Aufnahmen, die so stark, so eindrücklich sind, dass es einem den Hals zuschnürt.“

„Stuttgart bietet bewusst keine szenische Produktion, auch keine billige Betroffenheitsdemo, der Abend entzieht sich folglich (und richtigerweise) einer Kritik.“

„Alles ist nahezu perfekt auf die synchron laufende Musik geschnitten.“

„Das Orchester mit dem so umsichtigen, die Musik klug abschmeckenden Dirigenten Georg Fritzsch sitzt auf der Bühne […].“

„Stimmlich sind Diana Haller (Hänsel) und Esther Dierkes (Gretel) herausragend, gerade weil sie unangestrengt mit dem Riesenorchesterklang umgehen können.“

„Ohnmachtsfantasien“ von Markus Thiel
Münchner Merkur
24.10.2017
„Dieser Stuttgarter Opernabend ist Fragment und politische Solidaritätsaktion gleichermaßen.“

„[… Die] beiden Kinder aus Ruanda [spielen] großartig und bewusst […].“

„Der Film an sich […] ist ein kleines Kunstwerk, empathisch und auch nicht ohne Ironie mit Klischees spielend.“

„Erstklassig das Ensemble mit der burschikosen Diana Haller als Hänsel und der nicht weniger zupackenden wie farbenvoll singenden Esther Dierkes als Gretel; Daniel Kluge macht aus der Hexe eine aufreizende Virtuosennummer.“

„[Das geht] tief ans Herz. Das Publikum erhebt sich sofort zu Standing Ovations.“

„Ein Abend der Hoffnung.“

„Kinder sind die Hoffnung“ von Jürgen Kanold
Südwest Presse
24.10.2017
“The result is an impressive example of how much a company with a moral conscience and a clear intent can achieve.”
 
“This Hänsel und Gretel is a fairy-tale-in-progress, with singers in street clothes presenting the story of an unfinished opera production.”
 
“[The film is] an incomplete yet polished vision of Humperdinck’s story on a large screen, centre-stage.”
 
“By placing the orchestra and conductor Georg Fritzsch centre-stage and ensuring high musical standards, Stuttgart has made an evening of music theatre that stands on its own merits. The cast is strong, the performances committed and the whole manages to address its core themes without forgetting that the audience will always include children.”

„No happy ending for arrested director Kirill Serebrennikov” von Shirley Apthorp
Financial Times
23.10.2017
„Stuttgart muss die Leerstelle in der Aufführung benennen, es muss diesen Opernabend nicht nur als Theateramüsement ausrichten, sondern auch ein politisches Signal setzen, um mit jeder gesungenen und gespielten Note zu fordern: ‚Free Kirill!‘.“

„Free Kirill!“ von Reinhard Brembeck
Süddeutsche Zeitung
24.10.2017
„Leicht hat es sich Stuttgart nicht gemacht: So ist es dort Brauch, und in diesem Fall kein schlechter.“

„Solidaritätsappell mit Musik: ‚Hänsel und Gretel‘ in Stuttgart“ von Peter Jungblut
Bayerischer Rundfunk „kulturWelt“
23.10.2017
Zur Musikalischen Darbietung:
„[…] äußerst feinfühlig, klangschön, hinreißend [gesungen] und vom Orchester unter der Leitung von Georg Fritzsch [gespielt] […].“

„Es ist ein einnehmender, fröhlicher Abend, dank der ausnahmslos gelungenen Sängerleistungen von Diana Haller (Hänsel), Esther Dierkes (Gretel), Irmgard Vilsmaier (Mutter), Michael Ebbecke (Vater), Aoife Gibney (Sand- und Traummännchen) sowie Daniel Kluge als knatternde Knusperhexe mit einer herrlichen Lache […]“

„Endstation Oper?“  von Jan Brachmann
Frankfurter Allgemeine Zeitung
24.10.2017
„Musikalisch ist es eine grandiose Konzertgala: Diana Haller und Esther Dierkes als Hänsel und Gretel mit wunderbar zusammenarbeitenden fülligen Honigstimmen, die Eltern, Irmgard Vilsmaier und Michael Ebbecke, in wagnerischem, aber nicht grobem Format. Daniel Kluge bekam als Knusperhexe (und Luft-, nein Besengitarrist) Szenenapplaus […]. Das Orchester unter der Leitung von Georg Fritzsch ist exzellent, transparent und leistet sanften Widerstand gegen eine allzu süffige Opulenz, der Kinderchor (Christoph Heil) ist zum Weinen fein und schön, wie es sich gehört."

"Das Publikum klatschte sich die Seele aus dem Leib […].“

„David und Ariane“ von Judith von Sternburg
Frankfurter Rundschau
24.10.2017
Esther Dierkes hat […] eine leuchtende Gretel gesungen, Diana Haller einen exquisiten Mezzo-Hänsel […].“

„Brüderchen, komm tanz‘ mit mir“ von Martin Mezger
Esslinger Zeitung
24.10.2017
„[…] Georg Fritzsch dirigiert eindringlich und umsichtig das auf der Bühne platzierte Staatsorchester […].“

„Die Darsteller erobern sich den Raum, der seinerseits lebendig wird, bis am Schluss der Rauch aus dem Hexenofen durch den Boden quillt und die Flammen, wie in Richard Wagners Götterdämmerung, grellgelb aus den Wänden schlagen.“

„Die Stuttgarter Oper hat […] ein Zeichen gesetzt und Solidarität mit einem Künstler geübt, der zu Unrecht im Gefängnis seiner eigenen Wohnung sitzt. Das verdient alle Achtung und Respekt.“

„Das Unbehagen der Protagonisten“ von Mirko Weber
Stuttgarter Zeitung
24.10.2017
Über den Kinderchor: „[…] wunderschön […].“

„Sein oder nicht sein, das ist hier die Frage“ von Susanne Benda
Stuttgarter Nachrichten
24.10.2017
„Ein Zeichen gegen das Unrecht.“

„Der Film zeigt ästhetische Bilder von großer Dynamik […].“

„Ein Sitz bleibt frei“ von Verena Großkreutz
nachtkritik.de
22.10.2017
„[… Keiner verlässt] das vollbesetzte Haus an diesem Premierenabend ohne Rührung.“

„[… Die] gut 140 Minuten Hänsel und Gretel […] werden zu einer Demonstration unbezwingbarer Freiheit.“

„Eine geniale Wendung nimmt diese Inszenierung […], weil sie global betrifft.“
 
Zu Diana Haller als Hänsel: „[…] wunderbar timbriert […].“

Zu Esther Dierkes als Gretel: „ein kolossal kraftvolles Rollendebüt […].“

„[…] Dirigent Georg Fritzsch [entlockt]  dem Staatsorchester einen Humperdinck auserlesener Schönheit […], der funkelt, in formvollendeter Stärke strahlt und in beherzter Passion brodelt, ohne dabei ins Pathetische abzudriften […].“

„[…] vom Publikum mit Jubel gefeiert […].“

„Unbezwingbarer Freiheitswille“ von Markus Mertens
Badisches Tagblatt
24.10.2017