Herzog Blaubarts Burg / Quartett / Erwartung

BÉLA BARTÓK / FM EINHEIT / ARNOLD SCHÖNBERG
Es wird jeweils 45 Minuten vor Beginn jeder Vorstellung eine Einführung zu dieser Oper durch den Dramaturgen im Foyer I. Rang geben.  
   
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Zwei kapitale Opernwerke des 20. Jahrhunderts, Bartóks "Herzog Blaubarts Burg" sowie Schönbergs "Erwartung", begegnen sich in einem dritten Werk, in Heiner Müllers Schauspiel "Quartett". Dirigieren wird Marc Piollet. Durch die Live-Musik von FM Einheit, welche eine Folie für Müllers Drama bildet, erhält diese Collage eine zusätzliche musikalische Dimension. "Ein richtiges Gefühl darf sich nicht abhalten lassen, immer wieder von Neuem ins dunkle Reich des Unbewussten hinabzusteigen, um Inhalt und Form als Einheit heraufzubringen." Schönbergs Äußerung über Franz Liszt ist auch auf den Komponisten selbst und sein Monodram "Erwartung" zu beziehen. Und kann auf diesen Theaterabend, gefasst von Regisseur Thomas Bischoff, insgesamt Anwendung finden. Was im Reich des Unbewussten gehoben werden kann, welchen Zwang Musik auszuüben vermag, thematisiert diese besondere Trias. Sie markiert den Übergang der musikalischen Moderne zur Neuen Musik. In Verbindung mit Müllers "Quartett" verändert sich das durch die Errungenschaften der Psychoanalyse geprägte Menschenbild Bartóks und Schönbergs im Verhältnis der Geschlechter. Die Banalität des Bösen im "Blaubart", der Wahnsinn der traumatisierten Mörderin in "Erwartung" wird zu einer Verhaltenslehre der Kälte.
Ort
Opernhaus
Dem Regisseur Thomas Bischoff und seinen Dramaturgen, darunter Intendant Albrecht Puhlmann, gelang eine höchst intelligente und spannende Montage von Bartóks „Herzog Blaubarts Burg", Schönbergs „Erwartung" und, im Mittelteil, von Ausschnitten aus Heiner Müllers Sprechstück „Quartett". (...) Am Ende steht jeweils ganz krass die Tötung des Mannes, auch bei „Blaubart". Die auch gesanglich, schauspielerisch und orchestral (Dirigent Marc Piollet) intensiven Darstellungen sicherten dem Trilogie-Konzept zusätzlich große Plausibilität. Ein Abend, der der Stuttgarter Oper helfen sollte, das ästhetische Profil des Hauses weiter zu schärfen."
Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ)
01.01.2000
„Marc Piollet hat phantastisch dirigiert (...) Er hat die subtilen Klänge – Bartók hat ja eine wunderbare Musik komponiert – er hat sie genau herausgekitzelt und bei Schönberg hat er dieses dramatisch Deklamierende ebenfalls klar herausgearbeitet. Musikalisch aus dem Orchestergraben keinerlei Einwände nur höchstes Lob."
Deutschland Radio Kultur, Rainer Zerbst
01.01.2000
„Und seine Inszenierung macht mit der kalt-farbenglühenden Musik Bartóks und den musikalischen Dissonanz-Abgründen von Schönbergs gleißender Atonalität, die der Franzose Marc Piollet mit Genauigkeit und Elastizität dirigiert, etwas Richtiges: Thomas Bischoff und Uta Kala übertragen die Klangemotionen nicht unmittelbar auf Bilder und Darsteller, sie geben der Bühne lapidare Formen und lassen die Sänger darin panisch langsam, fast statuarisch agieren.(...) Dass an dem Abend die gute alte Oper doch noch nicht zu den Altlasten abendländischer Kultur gehört, ist Bartóks und Schönbergs gewaltigem musikalisch emotionalem Mut zu danken. Und dem lodernden Sopran von Elena Nebera (Frau) wie der unbesiegbaren Kraft der Stimme von Andrea Meláth als einer Judit, die ihren Herzog Blaubart (Tito You) am Ende tödlich in ihrem Griff hat."
Süddeutsche Zeitung
01.01.2000
„Den Blaubart sang Tito You mit konzentrierter Bariton-Diktion. Die ursprünglich einer einzigen Sängerin zugedachten Rollen der Judit und der Schönberg-Protagonistin waren nun umständehalber wieder aufgeteilt: Andrea Meláth und Elena Nebera intonierten mit gleichwertiger dramatischer Intensität. Die beiden Schauspielerinnen von Thomas Bischoffs „Quartett"-Bearbeitung (Anke Hartwig, Catherine Janke) führten vor allem einen beträchtlichen Altersunterschied als vergiftetes Movens ihrer verbalen Exkursion vor. Mit ansehnlich elektrifiziertem Geraffel stellte FM Einheit, intellektualisierte Pop-Ikone und nachgerade zum Stuttgarter Bohème-Establishment gehörig, zart wummernde bis krasse Bohrgeräusche verursachende Müller-Begleitklänge her. Unter Leitung des Dirigenten Marc Piollet wölbte sich die Bartók-Partitur orchestral zu fast veristischer Deftigkeit, und in der „Erwartung" ging kein raffiniertes instrumentations-koloristisches Detail verloren."
Frankfurter Rundschau
01.01.2000
„Bischoff hat die beiden kurz vor dem Ersten Weltkrieg entstandenen Operneinakter, Bartóks Version vom Mörderbräutigam Blaubart und Schönbergs Monodrama der von ihrem Geliebten verlassenen Frau, strikt aufeinander bezogen. Beide Male legt er den tödlichen Verlauf einer Liebesbeziehung frei. Das widerspricht zwar der ganz auf die innere Handlung konzentrierten Form der beiden Stücke, wird aber von der musikalischen Dramaturgie getragen."
Stuttgarter Zeitung
01.01.2000