Wir sind Viele!

DIE VIELEN sind ein Bündnis von Kulturinstitutionen, dem auch die Staatsoper Stuttgart angehört und das sich für die Freiheit der Kunst einsetzt. Sie verstehen Kunst und ihre Einrichtungen als offene Räume, die Vielen gehören. Diese gilt es gegen Ein- und Angriffe rechter Populisten zu verteidigen, die eine Renationalisierung der Kunst fordern.

Die Glänzenden Aktionstage erinnern an den 75. Jahrestag der Befreiung vom Nationalsozialismus und der Beendigung des Zweiten Weltkrieges und feiern ein offenes Europa der Vielen.
Wofür stehen DIE VIELEN?
Unsere Gesellschaft ist eine plurale Versammlung von Vielen. Wir haben verschiedenes erlebt, sind unterschiedlich alt, sehen unterschiedlich aus, haben verschiedene Religionen, sprechen verschiedene Sprachen, sind in verschiedenen Ländern geboren und sind frei zu lieben, wen wir wollen. Täglich müssen wir neu verhandeln: Wie wollen wir zusammenleben? Wer soll unsere Interessen vertreten? Welche Themen müssen besprochen, welche Gesetze gemacht werden? Auf der Suche nach Antworten gilt immer: Es geht um Alle, um jede*n Einzelne*n als Wesen vieler Möglichkeiten! So zu denken und zu handeln, ist demokratisch. Der Verein DIE VIELEN solidarisiert sich mit allen Aktiven der Kunst- und Kulturlandschaft und deren Institutionen, die von rechtspopulistischen und rechtsextremen Positionen attackiert oder in Frage gestellt werden. DIE VIELEN treten für ein Zusammenleben mit offenen Grenzen ein – nach innen wie nach außen. Wir stehen für ein offenes Miteinander.
Warum braucht es DIE VIELEN?
Rechte und nationalistische Gruppierungen und Parteien stören Veranstaltungen, wollen in Spielpläne eingreifen, polemisieren gegen die Freiheit der Kunst und arbeiten an einer Renationalisierung der Kultur. Ihr verächtlicher Umgang mit Menschen auf der Flucht, mit engagierten Kunst- und Kulturschaffenden, mit allen Andersdenkenden und Anderslebenden verrät, wie sie mit der Gesellschaft umzugehen gedenken, sobald sich die Machtverhältnisse zu ihren Gunsten verändern würden. Rassismus, Diskriminierung und Ausgrenzung sind Alltag. Die extreme Rechte ist ein Symptom davon.

Wir befürchten, dass sie noch aggressiver gegen anders denkende Menschen vorgehen werden, wenn sie mehr Macht bekommen sollten.
Was machen DIE VIELEN?
DIE VIELEN agieren als ein aktives Netzwerk und möchten die Kommunikation und Handlungsmöglichkeiten unter Künstler*innen, Ensembles und Akteur*innen der Darstellenden und Bildenden Künste stärken, die sich insbesondere für eine demokratische, pluralistische und freie Gesellschaft einsetzen. DIe VIELEN bieten keinen Raum für Leute, die öffentlich gegen Menschen anderer Herkunft, Hautfarbe, mit anderer Religion oder Meinung hetzen und ihre rechte Weltsicht verbreiten wollen. DIE VIELEN agieren dabei unterstützend als aktives Netzwerk und bieten Plattformen zur Vernetzung für Kunst- und Kulturinstitutionen und Künstler*innen. Wir organisieren Aktionen und Happenings, die sich gegen Hass wenden. Wir stoßen streithaft Debatten innerhalb der Theater- und Kunstlandschaft an.

Gedenkaktion zum Tag der Befreiung 2020


Die Befreiung feiern, die Erinnerung wachhalten – für ein friedliches und solidarisches Europa: Gemeinsam erinnerten verschiedene Stuttgarter Institutionen am 8. und 9. Mai 2020 an das Kriegsende vor 75 Jahren. Damit schlossen sie sich dem Aufruf der „Vielen“ an.
Am 8. Mai 2020 erinnerte die Staatsoper Stuttgart gemeinsam mit einigen ihrer näheren und ferneren Nachbar*innen – dem Katholischen Stadtdekanat, der Staatlichen Hochschule für Musik und Darstellende Kunst, dem Institut français Stuttgart sowie dem Württembergischen Kunstverein – öffentlich daran, dass vor 75 Jahren der Zweite Weltkrieg sowie zwölf Jahre nationalsozialistische Diktatur in Deutschland beendet wurden. Es ist allen teilnehmenden Institutionen ein wichtiges Anliegen, diesen Tag – der in unserem Land jahrzehntelang nur verlegen begangen wurde – im kollektiven Gedenken zu verankern. Deutschland sollte diesen Tag ebenso wie seine europäischen Nachbarn offiziell würdigen und – wie in diesem Jahr (einmalig) in Berlin – als Tag der Befreiung feiern.

Die Teilnehmenden schlossen sich damit dem Aufruf der bundesweiten Vereinigung Die Vielen an, die zu Glänzenden Aktionstagen am 8. Mai und dem darauffolgenden Europatag, dem 9. Mai aufgerufen hatten.
Das Projekt eines geeinten Europas war eine Reaktion auf den Zweiten Weltkrieg, auf Faschismus und Nationalsozialismus und die im Namen rassischer und nationaler Überlegenheit begangenen Genozide und Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Die Einigung Europas war von Anfang an verbunden mit der Vision einer solidarischen, friedensbringenden und vielfältigen Gemeinschaft. An dieser Vision gilt es weiterhin zu arbeiten. Wir sehen die Aufgabe kultureller, künstlerischer und religiöser Akteur*innen und Institutionen in der Ermöglichung von Austausch, Selbstreflexion und Verständigung. In einer demokratischen, diversen und solidarischen Gesellschaft. Und in einem friedlichen, vielfältigen und solidarischen Europa.

„Bitten der Kinder“ von Paul Dessau und Bertolt Brecht

Elliott Carlton Hines, Stine Marie Fischer, Maria Theresa Ullrich, Michael Nagl, Stefan Schreiber

Aus der Erklärung des französischen Außenministers Robert Schumann

vom 9. Mai 1950

Die Baden-Württemberger Erklärung der VIELEN

Die Kunst ist frei. Sie schafft Räume zur Veränderung der Welt.

Als Kunst- und Kulturschaffende in Deutschland stehen wir nicht über den Dingen, sondern auf einem Boden, von dem aus die größten Staatsverbrechen der Menschheitsgeschichte begangen wurden. In diesem Land wurde schon einmal Kunst als entartet diffamiert und Kultur flächendeckend zu Propagandazwecken missbraucht. Millionen Menschen wurden ermordet oder gingen ins Exil – unter ihnen auch viele Kulturschaffende.

Heute begreifen wir die Kunst und ihre Einrichtungen als offene Räume, die Vielen gehören. Unsere Gesellschaft ist eine plurale Versammlung. Viele unterschiedliche Interessen treffen aufeinander und finden sich oft im Dazwischen. Demokratie muss täglich neu verhandelt werden – aber immer unter einer Voraussetzung: Es geht um Alle, um jede*n Einzelne*n.

Der rechte Populismus, der die Kultureinrichtungen als Akteurinnen dieser gesellschaftlichen Vision angreift, steht der Kunst der Vielen feindselig gegenüber. Rechte und nationalistische Gruppierungen und Parteien stören Veranstaltungen, wollen in Spielpläne eingreifen, polemisieren gegen die Freiheit der Kunst und arbeiten an einer Renationalisierung der Kultur. Ihr verächtlicher Umgang mit Menschen auf der Flucht, mit engagierten Kunst- und Kulturschaffenden, mit allen Andersdenkenden und Anderslebenden verrät, wie sie mit der Gesellschaft umzugehen gedenken, sobald sich die Machtverhältnisse zu ihren Gunsten verändern würden. Rassismus, Diskriminierung und Ausgrenzung sind Alltag. Die extreme Rechte ist ein Symptom davon.

Dieses Bündnis will nicht nur die Symptome bekämpfen, sondern in die Tiefe wirken. Wir setzen uns deswegen mit den eigenen Strukturen auseinander und stellen diese zur Verhandlung. Wir müssen die Kunst- und Kulturräume sowie unsere Gesellschaft weiter öffnen, damit wir wirklich Viele werden! Die unterzeichnenden Kunst- und Kulturschaffenden in Baden-Württemberg erklären:

  • Wir führen den offenen, aufklärenden, kritischen Dialog über rechte Strategien und gestalten diesen Dialog mit Mitwirkenden und dem Publikum in der Überzeugung, dass alle Unterzeichnenden den Auftrag haben, unsere Gesellschaft als eine demokratische fortzuentwickeln.
  • Wir fördern im Sinne der Demokratie Debatten, bieten jedoch kein Podium für völkisch-nationalistische Propaganda.
  • Wir wehren jegliche Versuche der Rechtspopulist*innen ab, Kulturveranstaltungen für ihre Zwecke zu instrumentalisieren.
  • Wir solidarisieren uns mit Menschen, die durch rechte Ideologien immer weiter an den Rand der Gesellschaft gedrängt werden.

Die Kunst ist frei!