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03.12.2025 Blick ins Staatsorchester Stuttgart: Martha Casleanu-Windhagauer
Blick ins Staatsorchester Stuttgart: Martha Casleanu-Windhagauer
Mehr oder weniger durch Zufall zu ihrem Instrument gekommen, landete Martha Casleanu-Windhagauer nach ihrem Bratschen-Studium und einigen Stationen in anderen Klangkörpern im Staatsorchester Stuttgart. Im Juli 2025 hat sie das Probejahr bestanden und ist seitdem feste Vorspielerin in der Bratschengruppe. Konzertdramaturgin Claudia Jahn-Schuster hat sich mit der Musikerin zu einem Plausch verabredet.
Im Juli 2025 hast du dein Probejahr im Staatsorchester Stuttgart bestanden. Herzlichen Glückwunsch! Seitdem bist du Vorspielerin in der Gruppe der Bratschen. Was sind deine Aufgaben als Vorspielerin?
Als Vorspielerin sitze ich vorne am ersten oder zweiten Pult und bin ein Verbindungsglied zwischen der Gruppe und dem*der Solo-Bratschist*in. Als Vorspieler*in adaptiert und spiegelt man die Spielart des ersten Pults und gibt sie an die hinteren Pulte weiter. Man kommuniziert aber auch von den hinteren Pulten nach vorne, wenn es zum Beispiel bei Proben Fragen gibt. In dieser Position muss man anpassungsfähig sein und schnell reagieren können.
Wie war die erste Zeit für dich im Staatsorchester Stuttgart und welche Erlebnisse sind dir besonders in Erinnerung geblieben?
Eine meiner ersten Produktionen an der Staatsoper Stuttgart war SANCTA. Das war eine sehr ungewöhnliche und spannende Erfahrung. Zu den schönsten Erlebnissen zählen die Aufführungen von Salome, Tosca, Tod in Venedig, Rusalka oder auch die Familienoper Räuber Hotzenplotz und die vielen Sinfoniekonzerte. Vor allem schätze ich die Abwechslung zwischen Oper, Ballett und Konzert. Ich habe sehr nette Kolleg*innen, die mich gut aufgenommen haben.
Wie wurde dein Interesse an der Oper geweckt?
Nach meinem Studium war ich Akademistin in der Staatskapelle Berlin unter der Leitung von Daniel Barenboim. In dieser Zeit habe ich die Oper lieben gelernt und ich konnte sehr viel lernen. Wir Akademist* innen durften auch an den vorderen Pulten sitzen und hatten Unterricht bei den Solo-Musiker*innen des Orchesters. Anschließend hatte ich einen Zeitvertrag für ein Jahr im Münchner Staatsorchester und eine Stelle für zwei Jahre bei den Nürnberger Sinfonikern, einem Konzertorchester. Während meiner Zeit in Nürnberg habe ich mich dafür entschieden, wieder an Probespielen für ein Opernorchester teilzunehmen und es freut mich sehr, dass es im Staatsorchester Stuttgart geklappt hat. Ich mag die Art der Arbeit im Opernorchester und das hohe Maß an Flexibilität, das man für den Repertoirebetrieb an einem Opernhaus mitbringen muss.
Wie bist du zur Bratsche gekommen?
Das war eigentlich Zufall, denn ich habe mein Studium zunächst mit der Geige am Mozarteum in Salzburg begonnen. Für den pädagogischen Studiengang, den ich parallel zu meinem künstlerischen gemacht habe, musste ich ein Nebenfach wählen. Da habe ich dann die Bratsche gewählt und ich habe sofort gemerkt, dass das Instrument genau meins war. Körperlich hat es sehr gut zu mir gepasst und auch das tiefe Klangspektrum hat mir sehr zugesagt. Es hat sich einfach richtig angefühlt. Außerdem schätze ich auch die Literatur für Bratsche sehr. Die Bratsche hat eine ganz spezielle Klangfarbe und Tongebung. Das hat mich von Anfang an angesprochen. Danach wollte ich keine Geige mehr spielen und ich habe meinen Abschluss in Salzburg als Bratschistin gemacht. Anschließend habe ich noch einen Masterstudiengang an der Musikhochschule in München absolviert. Während meiner Studienzeit waren Thomas Riebl in Salzburg und Hariolf Schlichtig in München die beiden Lehrer, die mich sehr geprägt haben.
Wie ist der Wunsch bei dir entstanden, Orchestermusikerin zu werden?
Meine Eltern sind beide Musiker, meine Mutter ist Pianistin, mein Vater Cellist. Sie unterrichten an Musischen Gymnasien in meiner Heimatstadt Bamberg. Ich habe erst mit Klavier angefangen und mit neun Jahren mit der Geige. Als ich mit 14 Jahren zum ersten Mal in einem Jugendorchester mitgespielt habe, hat es mich total umgehauen. Wir haben damals Dvořáks 9. Sinfonie gespielt. Seitdem wusste ich: Ich möchte Orchestermusikerin werden. Ich war dann Mitglied in verschiedenen Jugendorchestern, wie dem Bundesjugendorchester, der Jungen Deutschen Philharmonie und im Landesjugendorchester Bayern. Diese Gemeinschaft war unglaublich wertvoll. Viele der jungen Musiker*innen, die ich damals kennengelernt habe, haben diesen Berufsweg gewählt und mit manchen habe ich auch noch heute Kontakt. Die Zeit in den Jugendorchestern war für mich sehr wichtig.
Du engagierst dich auch im Kammermusikausschuss des Staatsorchesters Stuttgart, der die Programme der Kammerkonzertreihe im Mozartsaal plant. Welche Bedeutung hat die Kammermusik für dich?
Kammermusik ist mir sehr wichtig. Ich habe ein eigenes festes Streichquartett, das Giocoso String Quartet, mit dem ich in Wien studiert habe und regelmäßig Konzerte spiele. Wir haben beispielsweise beim Enescu-Festival in Rumänien gespielt und hatten auch eine Konzerttournee mit dem Mandolinisten Avi Avital in Australien, wo wir Preisträger des internationalen Wettbewerbs Musica Viva waren. Die Kammermusik ist für mich ein sehr bereichernder Ausgleich zum Orchesterspiel. Es macht mir unglaublich viel Freude.
Auf welche Projekte freust du dich besonders?
Im Moment finde ich die Produktion von Leoš Janáčeks Die schlaue Füchsin einfach toll. Ich freue mich aber auch auf die Puccini-Opern Turandot und Madama Butterfly, die in dieser Spielzeit kommen werden. Auch die Produktion von Wagners Meistersinger von Nürnberg finde ich sehr spannend. Ich genieße die große Vielfalt an Produktionen, die ich an der Staatsoper Stuttgart erleben darf.
Foto: Zuzanna Specjal
Martha Casleanu-Windhagauer ist als nächstes im 3. Sinfoniekonzert zu erleben
Dez 2025
3. Sinfoniekonzert
Besetzung