Die Hornistin Gabriele Guder war 38 Jahre lang Mitglied des Staatsorchesters Stuttgart. Mit dem Sinfoniekonzert am kommenden Sonntag verabschiedet sie sich in die Rente und wird mit Brahms’ 2. und 4. Sinfonie ihren letzten Auftritt bestreiten. Im Interview erzählt sie von ihrer Karriere als Profi-Musikerin und ihren schönsten musikalischen Erlebnissen.

Das 7. Sinfoniekonzert ist Ihr letztes Konzert nach 38 Jahren als Hornistin im Staatsorchester Stuttgart. Wie waren Ihre Anfänge an der Staatsoper Stuttgart?
Meinen ersten Dienst im Staatsorchester Stuttgart habe ich 1985 als Aushilfe gespielt. Es war eine konzertante Aufführung von Richard Wagners Lohengrin unter der Leitung von Georg Solti. Im Februar 1986 habe ich dann die Stelle des 3./1. Horns bekommen. Besonders in Erinnerung geblieben ist mir unter anderem Loriots legendäre Inszenierung der Spieloper Martha von Friedrich von Flotow, bei der ich das Solohorn gespielt habe. In der Ouvertüre gibt es ein langes Hornsolo. Außerdem war ich in die Inszenierung auf der Bühne eingebunden. Das hat mir viel Freude bereitet.
Wie sind Sie zu Ihrem Instrument gekommen?
In Limburg an der Lahn, wo ich aufgewachsen bin, habe ich zuerst im Chor gesungen. Dort wurde die Gregorianik gepflegt, wir haben aber auch die großen Oratorien von Johann Sebastian Bach aufgeführt. Besonders geliebt habe ich die Motetten von Anton Bruckner. Nach Konzerten haben wir sie oft auch noch im Bus auf der Heimfahrt gesungen. Über einen Jägerverein bin ich mit etwa 15 Jahren zum Horn gekommen. Als ich mit 17 Jahren Bachs Weihnachtsoratorium im Limburger Dom gehört habe, hat es mich endgültig gepackt und ich wollte Musikerin werden. Der 1. Bundespreis beim Wettbewerb „Jugend musiziert“ hat mir den Weg für mein Musikstudium geebnet. Nach meinem Studium an der Musikhochschule in Köln war ich Solohornistin in Konstanz und Remscheid, bevor ich die Position des 3./1. Horns in Bonn innehatte und anschließend nach Stuttgart gekommen bin.
Was gefällt Ihnen am Orchesterspiel im Opernhaus?
Ich liebe das quirlige Leben am Opernhaus. Dass alle Gewerke zusammenkommen und gemeinsam ein Gesamtkunstwerk auf die Bühne bringen. Jede*r trägt etwas dazu bei. Es ist ein großes Miteinander. Ich mag auch die besondere Stimmung bei Premieren. Wir im Orchester fiebern immer mit den Sänger*innen mit. Über Jahre verfolge ich, wie sich die Stimmen von Sänger*innen entwickeln, die bei uns im Opernstudio angefangen haben und bis heute im Ensemble sind. Außerdem gefällt mir die Vielfalt des Spielplans. Ein ganz besonderes Projekt war in dieser Spielzeit die Neuproduktion von Olivier Messiaens Saint François d’Assise, bei der das Publikum mit uns einen Ausflug auf den Killesberg gemacht hat. Ich habe mich auch sehr gefreut, dass ich den Ring des Nibelungen von Wagner noch mal spielen konnte. Das ist immer ein Fest für uns Hornist*innen.
Was schätzen Sie an der Horngruppe?
Das kollegiale Miteinander. Die Kolleg*innen der Horngruppe sind sehr hilfsbereit und alle haben große Lust zu spielen. Es passt einfach, sowohl menschlich als auch klanglich. Wir tragen uns gegenseitig. Außerdem schätze ich sehr, dass immer wieder junge Kolleg*innen ins Orchester kommen. Die reißen einen mit, sodass man auch nach vielen Dienstjahren motiviert bleibt.
Mit welchen Gefühlen ist dieses letzte Konzert mit dem StaatsorchesterStuttgart verbunden?
Es ist ein großes Glück, zum Abschluss meiner Zeit im Staatsorchester Stuttgart Sinfonien von Johannes Brahms spielen zu können. Die Frage „Aimez-vous Brahms?“ stellt sich für mich nicht. Die meisten Hornist*innen lieben Brahms. Er hat selbst ein bisschen Horn gespielt. Interessant ist, dass er das moderne Ventilhorn ablehnte und seine Sinfonien so komponierte, dass man sie mit dem Naturhorn spielen kann. Meine Kolleg*innen haben mir die Wahl gelassen, welche Sinfonie ich spielen darf. Ich wollte sehr gerne die 2. und 4. Sinfonie spielen.
Welche Pläne haben Sie für die Zukunft?
Nach Spielzeitende werde ich zuerst eine große Wanderung in den Alpen machen. Danach werde ich wahrscheinlich nicht mehr Horn spielen. Nur noch ein bisschen Alphorn. Ich freue mich aber sehr darauf, mehr Zeit fürs Singen zu haben. Parallel zu meinem Beruf als Hornistin habe ich immer wieder Gesangsunterricht genommen und auch Liederabende gesungen. Vielleicht suche ich mir einen guten Chor.



Gabriele Guder über Brahms und das Alphorn