Blick ins Staatsorchester: Daniel Schwartz

Bereits seit einem Jahr ist Daniel Schwartz Bratschist im Staatsorchester. Damit hat er das übliche Probejahr erfolgreich bestanden. Im Interview spricht er über seine Musikausbildung in Israel, seine Rolle als Vorspieler im Staatsorchester und erklärt, warum ihm die Kammermusik besonders am Herzen liegt.
Im Juli 2021 hast du dein Probejahr beim Staatsorchester Stuttgart bestanden. Herzlichen Glückwunsch! In der Gruppe der Bratschen hast du die Position des Vorspielers inne. Was genau sind deine Aufgaben?
Die Aufgaben eines Vorspielers ähneln einerseits denen des stellvertretenden Solo-Bratschers, andererseits denen der Tutti-Bratscher. Der Vorspieler sitzt normalerweise auf dem dritten Stuhl, also am zweiten Pult. Während der Stellvertreter vor allem den Solo-Bratscher, also den Stimmführer, unterstützt, hat der Vorspieler eine Vermittlungsfunktion zwischen dem Stimmführer und der Gruppe. Gerade bei großen Gruppen ist es wichtig, dass der Vorspieler am zweiten Pult aktiv und einsatzbereit ist. Er muss den Stimmführer immer im Auge behalten, um seine Impulse, beispielweise in der Dynamik, Artikulation oder Klangfarbe, an die Gruppe weiterzugeben. Diese Teamarbeit ist ein sehr wichtiger Teil des Orchesterspiels.

Wie bist du zu deinem Instrument gekommen?
In meiner Heimatstadt Tel Aviv habe ich erst mit der Geige angefangen, bevor die Bratsche hinzugekommen ist. Als ein Stipendium für ein Studium der Bratsche am renommierten Musikzentrum in Jerusalem vergeben wurde, musste ich mich entscheiden. Es war nicht möglich, ausreichend Zeit in beide Instrumente zu investieren. Schließlich habe ich mich für die Bratsche entschieden und wurde angenommen. Ein besonderes Erlebnis zur Zeit meines Studiums war die Aufnahme der Stücke Arabesque No. 7 und 8 des israelischen Komponisten Ami Maayani. Beide Stücke für Violine, Viola und Harfe basieren auf einer Maqāmat, einer arabischen Tonleiter. Es war eine große Ehre für mich, dass mich dieser bedeutende Komponist für die Uraufführung und die Aufnahme angefragt hatte.

Wie hast du den Weg ins Orchester gefunden?
In der Musikausbildung in Israel wird ein starker Fokus auf das Orchesterspiel gelegt, wodurch ich schon sehr früh erste Erfahrungen sammeln konnte. 2013 bin ich für mein Studium nach Deutschland gekommen und konnte als Akademist beim NDR Sinfonieorchester in die deutsche Orchesterlandschaft einsteigen. Nach einem Zeitvertrag beim WDR Sinfonieorchester, bin ich für eine Saison an der Deutschen Oper Berlin als Stellvertreter eingesprungen. Dort habe ich eine völlig neue Welt kennengelernt. Ein Piano beispielsweise spielt man im Orchestergraben ganz anders als in einem Konzertorchester.

Was waren bisher deine schönsten Erlebnisse im Staatsorchester Stuttgart?
Die erste Vorstellung von Madama Butterfly in dieser Spielzeit, aber auch die moderne Oper Luci mie traditrici von Salvatore Sciarrino. Die moderne Spieltechnik war eine spannende Herausforderung. Außerdem ist mir auch die Kammermusik besonders wichtig. Gleich am Anfang hatte ich die Gelegenheit, ein Streichquartett zu gründen. Es bereitet mir große Freude, zusammen mit meinen Kolleg*innen Veronika Unger, Lilian Scheliga und Philipp Körner im Mozartsaal der Liederhalle aufzutreten.

Beim 5. Kammerkonzert dieser Spielzeit werdet ihr das Streichquartett a-Moll op. 51 Nr. 2 von Johannes Brahms spielen. Was schätzt du besonders am Streichquartett?
Das Besondere am Streichquartett ist das enorme Klangspektrum, das man ausschöpfen kann, um seine Vorstellungen umzusetzen. Ich liebe diese Arbeit am Detail. Die Literatur für Streichquartett, die uns all die Komponisten hinterlassen haben, ist so reich, dass man sich eigentlich sein ganzes Leben lang damit beschäftigen kann. Zum Glück können Musiker*innen heute sehr vielseitig tätig sein und müssen sich nicht nur auf einen Bereich, entweder Kammermusik oder Orchester, beschränken.

5. Kammerkonzert