Dürfen wir vorstellen: Thekla!

Daniela Krol-Zenkowitz spielt seit der ersten Vorstellung unserer „Freischütz“-Inszenierung die Spinne Thekla, die in der Wolfschlucht-Szene über der Bühne hängt – seit 44 Jahren! Im Gespräch mit Paula Stietz erzählt sie von ihrer Rolle und langjährigen Erfahrungen als Statistin.
Beginnen wir erst einmal im Jahr 2024. Wie war die Wiederaufnahme des Freischütz in dieser Spielzeit für dich?
Die erste Vorstellung, die war schön – so wie immer! Es war toll, das Stück wieder zu proben – es war natürlich eine ganz andere Besetzung als bei der Premiere damals. Unter uns Statisten sind, glaube ich, nur noch drei oder vier von der alten Garde dabei, die auch schon bei der Premiere auf der Bühne standen.
Wie empfindest du deine Rolle als Spinne?
Ich bin mit meiner Thekla sehr glücklich! Ich habe sie über die Jahre so richtig lieb gewonnen – es ist ein bisschen wie nach Hause kommen.
Und was sind deine Aufgaben als Thekla?
Ich bin ein Auge der Spinne, vom Zuschauerraum aus gesehen das linke Auge. Das andere Auge spielt meine Statisten-Kollegin Anette Kanzler, die exakt gleich groß ist wie ich – damit die Augen auf derselben Höhe sind. Wir haben ein Fechtvisier vor dem Gesicht, in dem eine Taschenlampe angeklebt ist, damit die Augen der Spinne leuchten. An einem unserer Arme wird ein Spinnenbein angeschnallt. Mit der anderen Hand bedienen wir einen Hebel, der ein weiteres Spinnenbein bewegen kann. Anfänglich hatte der Regisseur Achim Freyer geplant, dass die Spinne sich noch zusätzlich drehen kann – das ließ sich aber technisch nicht umsetzen.
Daniela Krol-Zenkowitz und Anette Kanzler neben ihrer Thekla
Ganz langsam bewegen wir dann unsere Köpfe und lassen die Spinne mal nach rechts, mal nach links schauen. Das muss gut abgestimmt sein, das ist gar nicht so leicht, weil wir uns gegenseitig nur aus dem Augenwinkel sehen. Höhenangst darf man übrigens keine haben, denn wir sitzen nur auf einem Fahrradsattel! Aber wir sind natürlich mit Gurten gesichert.
Es ist toll: Mittlerweile kann ich den ganzen Text der Wolfschlucht auswendig, habe wechselnde Sängerbesetzungen mitbekommen und die unterschiedlichsten gesprochenen Kugelsegen.
Thekla auf der Bühne, während Kaspar (David Steffens) die Freikugeln gießt – Foto: Martin Sigmund
Wie bist du damals als Statistin zum Freischütz gekommen?
Meine erste Statistenrolle war im Schauspiel. Die Statisterie war damals noch in einer Hand und die damalige Leiterin der Statisterie, Linde Götz, setzte mich danach in der Oper Barbier von Sevilla als Bürgerin ein. 1981 wurde ich die Spinne im Freischütz und inzwischen habe ich in allen drei Sparten die verschiedensten Rollen gespielt: Ich bin als Mann aufgetreten, als Sklave, Nutte oder Nonne ...
Wie lief die Probenarbeit ab?
Soweit ich mich erinnern kann, war die Probenarbeit mit Achim Freyer immer sehr angenehm. Er war ein ruhiger, besonnener und freundlicher Regisseur. Manchmal kniff er die Augen zusammen, um ein Bild, das er stellte, besser „zu sehen“. Die Komparserie, wie er uns nannte, war ein wichtiges Element in allen seinen Inszenierungen – er hat gern mit uns gearbeitet. Ich habe mich sehr gefreut, ihn bei der Wiederaufnahme dieses Jahr wiederzusehen!
Und wie lange werden wir dich noch als Spinne Thekla erleben dürfen?
Solange ich in das Gestell klettern kann. Die Konstruktion ist wahnsinnig eng, man muss sehr gelenkig sein. Es ist ein bisschen wie ein Korsett, manchmal komme ich mir vor wie Frida Kahlo.
Was reizt dich besonders am Statistinnen-Dasein? Du bist ja mittlerweile schon Jahrzehnte leidenschaftlich dabei.
Ich habe eine unglaubliche Liebe zum Rollenspiel. Vor meinem Ruhestand war ich Lehrerin – das waren zwei Welten, Schule und Theater. Statistin zu sein ist ein wunderbarer Ausgleich zum Alltag und Berufsleben. Durch die verschiedenen Rollen kann ich Facetten in mir zum Klingen bringen. Theater hat mich immer glücklich gemacht!

Der Freischütz