Vergangenes Wochenende wurde Sebastian Schwabs „Holle!“ im JOiN wiederaufgenommen, eine Oper über eine schrullige Wetterfrau, die genug hat von ihrem Job. Einspringen müssen Gold-Andy und Pech-Andy, gespielt von Markus Hein und Adam Ambarzumjan. Mit Paula Stietz und Henrike Wagner haben die beiden Musiker über die Schwierigkeit gesprochen, gleichzeitig ein Instrument zu spielen und zu schauspielern, über Wetter-Chaos und Tollpatschigkeit.
Analog zu Pech- und Gold-Marie aus dem Märchen der Brüder Grimm heißt ihr in Holle! Pech- und Gold-Andy. Inwiefern spiegelt sich das Gold bzw. Pech in euren Rollen auf der Bühne wider?
Markus: Ich als Gold-Andy bin total überzeugt von mir, denke, das ich alles kann. Dabei hab ich eigentlich überhaupt nichts im Griff. Pech-Andy dagegen macht alles dann schon fast aus Versehen richtig.

Adam: Das stimmt. Wobei ich dabei ständig stolpere, wahnsinnig tollpatschig bin, faul – aber in manchen Momenten auch ziemlich fleißig. Wenn ich zum Beispiel die Sonne an den Himmel kurbel. Aber klar, erstmal kurbel ich natürlich falschrum. Ich vergesse meine Klarinette, stoße mir den Kopf am Flügel ...

Markus: Das zieht sich ja sogar in die Probenarbeit: Er hat sich mal einen Zeh eingeklemmt unter einem Bühnenteil, ist ins Leere gelaufen ...

Adam: Ich bin eben auch im wirklichen Leben ein Pech-Andy. (lacht)
Adam Ambarzumjan und Markus Hein als Pech- und Gold-Andy – Foto: Matthias Baus
Im Gegensatz zum Grimm-Märchen macht bei der Produktion des JOiN – der Jungen Oper im Nord – ihr beiden nicht den Schnee, sondern alle Wetterlagen, von Sonne über Wind und Wolken bis zum Regen. Denn Frau Holle hat genug davon, dass sie es den Menschen nicht recht machen kann, ständig beschweren sie sich über das Wetter. Sie kündigt ihren Job. Ihr seid dann nicht nur für das Wetter verantwortlich, sondern müsst zusätzlich zum Klavier- bzw. Klarinettespiel singen und schauspielern. Wie habt ihr euch das erarbeitet?
Markus: Am Anfang ist man immer viel am Instrument oder am Noten finden und zusammenspielen, da ist Holle! gar nicht so einfach. Aber wenn sich das setzt, dann kommt man immer mehr ins Schauspielern. Eigentlich ist es reine Gewohnheitssache. Letztendlich kann man mit dem darstellerischen Part auch ein paar Dinge überspielen. Wenn einer von uns da total drin ist, kann es schon mal passieren, dass wir vom Notentext her ein bisschen auseinander sind. Aber man findet sich immer wieder. Mittlerweile kennen wir uns musikalisch so gut, dass ich spüre, wann Adam anfängt zu spielen – egal, ob er da grade total im Nebel steht und ich ihn kaum sehe.

Adam: Als ich für die Wiederaufnahme die Partitur wieder herausgeholt habe, hatte ich direkt richtige Vorfreude. Normalerweise machen wir sowas ja nicht. Ich bin Orchestermusiker, da sitzt man auf einem Stuhl und spielt nach dem Schlag des Dirigenten. Bei Holle! sind wir aber darstellende Musiker.

Markus: Wir haben das beide nicht gelernt, das Schauspielern, aber irgendwie hat es sich immer gut angefühlt.

Adam: Dadurch wird jede Vorstellung auch anders. Es macht Spaß, dass man nicht jedes Mal die gleiche Mimik oder Gestik machen muss, dass nicht alles im Detail vorgegeben ist. Wir machen jetzt nichts ganz Neues, aber wir dürfen unsere Rollen so ausleben wie wir sie in dem Moment fühlen. Das ist schon ein Geschenk.
Ist es etwas Besonderes, für ein Kinderpublikum zu spielen?
Adam: Auf jeden Fall! Vor allem weil die Kinder so mitgehen. Die Energie ist jedes Mal anders ...

Markus: ... wann sie wo lachen, wann sie auch mal nicht lachen ...

Adam: Darauf haben wir auch Einfluss: Wenn wir merken, dass sie auf etwas Bestimmtes gut reagieren, dann gehen wir da noch mehr rein. Dann bin ich zum Beispiel noch tollpatschiger, falle beim Stolpern auch mal ordentlich hin.

Markus: Das Schöne ist, dass sie das voll für echt nehmen. Wenn Pech-Andy die Sonne an den Himmel kurbelt etwa, da kommt dann aus dem Publikum: „Du musst andersrum drehen!“ oder „Die Sonne geht unter!“
Ausruhen nach all dem Wetter-Chaos auf den schönen weichen Kissen von Frau Holle – Foto: Staatsoper Stuttgart
Ihr als Wetterprofis: Was ist euer Lieblingswetter?
Adam: Also, ich bin ja ein Sommer-Mensch! Aber in Holle! ist das immer so viel Arbeit!

Markus: Mir geht es da anders, für die Sonne muss ich ja nichts tun. Aber das ist mir alles zu heiß ... Da mache ich lieber Wolken und Regen.

Adam: Ich darf auch einmal Regen machen, das ist toll!

Markus: Bei den Wolken macht es riesig Spaß, über die Bühne zu springen. Ach, eigentlich macht alles Spaß, jedes Wetter. Nur der Schnee, der ist Chefinnen-Sache, den macht nur Frau Holle. Wir kommen in der Story ja nicht so weit wie wir eigentlich sollten. Den Frühling haben wir verpasst und stattdessen eine Sommer-Party geschmissen. Im Herbst machen wir dann nochmal Frühling, in der Hoffnung, dass dadurch auf den Feldern doch noch etwas wächst. Aber das hilft alles nichts, es ist ein einziges Chaos. Und dann kommt Holle, macht den Schnee und beendet das Jahr, um dann von vorne beginnen zu können.

Holle!

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