Lebensfreude, ein Erdbeben und die Macht des Schicksals

Schmetternde Hörner, die Lebensfreude vermitteln. Musik, die brodelt wie ein Erdbeben. Und Musik über die Härte des Schicksals und die träumerischen Augenblicke des Glücks. Robert Schumann, Toshio Hosokawa und Pjotr I. Tschaikowsky sind die Komponisten des 1. Sinfoniekonzerts dieser Saison unter Sylvain Cambreling. Ein schneller Einblick ins Programm!
Robert Schumann im Jahre 1850, eine Zeichnung von Adolph Menzel
Foto: Wikipedia Commons
Robert Schumann
Konzertstück F-Dur für vier Hörner und Orchester op. 86
Schumann selbst bezeichnete das Stück als etwas „ganz Curioses“. Die auch heute selten zu hörende Besetzung von vier solistischen Hörnern galt bereits im Jahr der Uraufführung 1849 als ungewöhnlich. Das damals noch junge Ventilhorn ermöglichte im Vergleich zum Naturhorn deutlich virtuosere Spieltechniken und zum Beispiel auch chromatische Harmonien. Bei der Uraufführung übernahmen Mitglieder des Gewandhausorchesters Leipzig die Solopartien, in unserem Sinfoniekonzert sind es ebenfalls Mitglieder des Staatsorchesters Stuttgart.
Toshio Hosokawa und Sylvain Cambreling mit der Partitur von Erdbeben. Träume.
Toshio Hosokawa
Erdbeben. Träume, Suite
Die Oper Erdbeben. Träume wurde 2018 an der Staatsoper Stuttgart uraufgeführt. Es war Sylvain Cambrelings letzte Premiere als Generalmusikdirektor der Staatsoper Stuttgart – daher verspürt der Dirigent nach wie vor eine enge Bindung zum Werk. Die Oper handelt von Naturkatastrophen, aber auch von menschlichen Abgründen. Ein wichtiger Anknüpfungspunkt für den Komponisten war das Erdbeben von Fukushima im Jahr 2011, auf das eine atomare Katastrophe folgte. All das lässt Hosokawa in seiner Partitur zu Klang werden, seine Musik bebt und brodelt regelrecht und macht das Erdbeben hörbar.
Pjotr Tschaikowski im Jahre 1893, Öl auf Leinwand von Nikolai Kusnezow
Foto: Wikipedia Commons
Pjotr I. Tschaikowsky
Sinfonie Nr. 4 f-Moll op. 36
Verzweiflung und Einsamkeit prägen die Grundstimmung von Tschaikowskys 4. Sinfonie: Gleich zu Beginn tritt das Schicksal in Gestalt eines mächtigen Fanfarenmotivs auf. Ein Symbol, das Tschaikowsky auch am Ende des Werks wieder aufgreift. Trotz träumerischer und leichter Passagen bleibt das Glück brüchig – immer wieder holt das Schicksal den Menschen ein.

Tatsächlich schrieb Tschaikowsky seine Vierte während seines persönlichen Krisenjahrs 1877. So gilt die Vierte denn auch als Spiegel seiner Seele. Mutmaßlich um Gerüchten um seine Homosexualität zu begegnen und sich dem gesellschaftlichen Druck zu entziehen, stürzte er sich in eine Ehe mit der jungen Studentin Antonia Miliukowa. Doch die Ehe scheiterte katastrophal und Tschaikowsky erlitt einen Nervenzusammenbruch.

Daneben steht das Werk noch im engen Zusammenhang mit einer anderen Frau: Nadeschda von Meck, einer Mäzenin Tschaikowskys. Von Meck unterstützte ihn mit einem großzügigen Jahresgehalt, so dass er sich ganz aufs Komponieren konzentrieren und seine ungeliebte Lehrtätigkeit aufgeben konnte. Persönlich haben sich die beiden nie kennengelernt, wechselten innerhalb von 14 Jahren allerdings 1204 Briefe, die einen tiefen Einblick in Tschaikowskys Psyche gewähren. Er widmete ihr die 4. Sinfonie als Zeichen seiner Dankbarkeit.


1. Sinfoniekonzert

Robert Schumann Konzertstück F-Dur für vier Hörner und Orchester op. 86
Toshio Hosokawa Erdbeben. Träume, Suite
Pjotr I. Tschaikowsky Sinfonie Nr. 4 f-Moll op. 36

Horn Pablo Neva Collazo, Fabian Schröder,
Christina Heckmann und Martin Grom
Musikalische Leitung Sylvain Cambreling
Staatsorchester Stuttgart
Okt 2025
https://www.staatsoperstuttgart.de Staatsoper Stuttgart Oberer Schloßgarten 6, 70173 Stuttgart

So
26
11:00
Liederhalle, Beethovensaal
Besetzung
https://www.staatsoperstuttgart.de Staatsoper Stuttgart Oberer Schloßgarten 6, 70173 Stuttgart

Mo
27
19:30
Liederhalle, Beethovensaal
- / - / 23 / 29 / 34 / 40 €
Besetzung