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16.01.2025 Maria Magdalena x5

Maria Magdalena x5

Am Ende von Giacomo Puccinis Tosca sind nicht nur alle Protagonist*innen tot – auch dem Gemälde der Maria Magdalena, das Mario Cavaradossi im ersten Akt der Oper malt, ist nur eine kurze Lebensdauer vergönnt. Im Gespräch mit Hamed Aljemiah und Lisa Fuß hat Marc Pfeiffer erfahren, wie Abend für Abend wieder ein heiles Bild seinen Weg auf die Bühne findet.
Es ist der zweite Akt der Oper Tosca: Polizeichef Baron Scarpia sticht mit seinem Messer hasserfüllt in das Gemälde der Maria Magdalena. Einstiche, die das Gemälde zerstören und der Grund dafür sind, dass ein und dasselbe Bild gleich mehrmals gemalt werden muss. Denn bei jeder Vorstellung muss es unversehrt wieder an Ort und Stelle stehen, wie auch die Geschichte um Floria Tosca und ihren Geliebten Mario Cavaradossi wieder von Neuem beginnt.
Insgesamt wurden diese Saison im Malsaal der Staatstheater fünf Kopien des Magdalenen-Bildnisses aus dem ersten Akt angefertigt, das als Vorlage dient. Dieses „Originalgemälde“ ist im ersten Akt ganz vorne auf der Bühne zu sehen. Im zweiten Akt wird es dann durch eine der Kopien ersetzt, die im hinteren Bühnenteil an einer Wand aufgehängt werden.
Bis zur letzten Spielzeit von Tosca, wurden diese Kopien immer in einem aufwendigen Prozess komplett von Hand gemalt, der wie folgt aussah:
Zuerst wird die Malerleinwand auf die richtige Größe zugeschnitten und auf den Boden im Malsaal aufgespannt, um anschließend mit hellen Dispersionsfarben grundiert zu werden. Nun kommt die Übertragungstechnik der Lochpause zum Einsatz: Die Vorzeichnung des Gemäldes ist auf Transparentpapier ausgeführt, bei dem alle Linien mit dicken Nadeln durchgestochen wurden. Das durchlöcherte Papier wird genau auf der Leinwand platziert und ein mit Holzkohlestaub gefülltes Stoffsäckchen darüber gerieben. Der Holzkohlestaub fällt durch die Löcher auf die Leinwand und bildet dort das gewünschte Punktemuster, das wieder zu Linien verbunden werden kann (eine Projektion mit einem Projektor wäre zeitaufwändiger). Dann kommt der Schritt des Malens: Mit einer sehr dünnen Farbe wird jeder Farbton parallel an allen Magdalenen-Gemälden Schicht für Schicht aufgetragen. Dies soll sicherstellen, dass die Farbgebung auf allen Kopien gleich ist.
Um diesen Prozess etwas zu vereinfachen, hat der Malsaal die Heiligenbildnisse in dieser Spielzeit zum ersten Mal drucken lassen – auch, um Zeit und Kosten zu sparen. Allerdings waren die gedruckten Farben viel blasser als auf dem Originalgemälde im ersten Akt. So war zum Beispiel die Haut der Heiligen zu hell und die Haare zu rötlich. Daher musste nachgebessert werden und alle fünf Kopien wurden von Hand übermalt.
Hamed Aljemiah beim übermalen der Drucke
Foto: Staatsoper Stuttgart
Darüber hinaus unterscheidet sich auch der Stoff der handgemalten Gemälde von dem Stoff der Drucke. Die früheren Ausführungen der Maria Magdalena waren auf Leinwand gemalt. Diese konnte, nachdem sie von Scarpias Messer zerschnitten wurde, noch drei bis vier Male geflickt und wiederverwendet werden, ohne dass es fürs Publikum sichtbar gewesen wäre. Die Drucke hingegen sind auf viel dünnerem Nesselstoff gedruckt, der nur ein oder zwei Mal repariert werden kann. Dies geschieht, indem die Schnitte von hinten, für das Publikum unsichtbar, verklebt werden. Dadurch wird die Leinwand allerdings auch immer dicker und irgendwann käme der Sänger des Scarpia mit seinem stumpfen Bühnenmesser nicht mehr durch den Stoff. Deshalb muss ein neues Gemälde auf die Bühne – nur um ebenfalls zerstört zu werden.
Die neu angefertigten fünf Kopien reichen schätzungsweise für die nächsten zwei Jahre, ehe erneut nachproduziert werden muss.
Insgesamt fünf Gemälde der Maria Magdalena wurden dieses Jahr im Malsaal angefertigt
Foto: Lukas Kindermann
Übrigens: Als Vorbild für die Darstellung der Maria-Magdalen diente eine kleine Postkarte, die Bühnenbildner Wolfgang Gussmann in einer kleinen italienischen Kirche erstanden und für die Premiere der Inszenierung 1998 im Malsaal abgegeben hatte. Leider ist sie längst verloren. Somit trägt der Malsaal nun im 27. Jahr der Produktion den jeweils letzten Magdalenen-Zustand in die neue Spielzeit.
Headerfoto: AT Schäfer

Tosca

Jan 2025
https://www.staatsoperstuttgart.de Staatsoper Stuttgart Oberer Schloßgarten 6, 70173 Stuttgart

Mo
6
19:30 – 22:00
Opernhaus
Wieder im Repertoire
Besetzung
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Sa
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19:30 – 22:00
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So
19
19:00 – 21:30
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Fr
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