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08.10.2024 Unheimlich dekadent
Unheimlich dekadent
Ein Requisit, gleichzeitig pompös und beängstigend, das in mühevoller Kleinstarbeit für die Inszenierung von Richard Strauss’ „Salome“ entstanden ist: ein kristallbesetzter Totenkopf! Wie Kirill Serebrennikov ihn zur Premiere 2016 erstellt hat und was dahinter steckt, erzählt hier Kai Schächtele.
Als das vollendet war, was Kirill Serebrennikov sich Wochen vorher ausgemalt hatte, legte er sich bäuchlings auf den Teppich vor den Büros der Stuttgarter Oper. Mit seinem Smartphone schoss er ein paar Fotos und veröffentlichte sie auf seiner Facebook-Seite. So glücklich war er über den kristallbesetzten Totenkopf mit Mickymaus-Ohren: ein Paradox, ganz nach dem Geschmack des Regisseurs.
Das böse Funkeln des Requisits markiert einen Wendepunkt in Richard Strauss’ Oper Salome. Herodes bittet seine Stieftochter Salome, für ihn zu tanzen, und verspricht, ihr jeden Wunsch zu erfüllen. Der Vater erwartet etwas von dem üblichen Luxus, mit dem er sein Kind zum »material girl« verwöhnt hat. Doch sie? Setzt die Maske auf und fordert den Kopf des Jochanaan, eines Mannes, den sie begehrt, der sie aber in seinem religiösen Eifer zurückweist. Serebrennikov, 47 Jahre alt und einer der aufregendsten Regisseure der russischen Theater- und Opernszene, hat Salome als Sittengemälde einer Familie angelegt, die jedes Gefühl verloren hat – nur nicht die Lust auf Dekadenz.
Inspiration für das Sinnbild dieser sinnentleerten Gier fand er in dem von Diamanten überzogenen Schädel aus Platin, den der Brite Damien Hirst vor zehn Jahren geschaffen und für 75 Millionen Euro verkauft hat. Die Arbeit gilt als teuerstes Werk eines lebenden Künstlers. Die einen sahen in ihr die Maßlosigkeit eines Kunststars, andere ein geniales Spiegelbild der Gegenwart.
Serebrennikovs Idee haben die Maskenbildner Astrid Schikorra und Jürgen Siegert realisiert. Er formte den Kunststoffkopf, sie besetzte ihn in einer Woche Feinarbeit mit Swarovski-Steinen. Solch aufwendige Requisiten entstehen nur selten in ihren Händen, in diesem Fall schaute der Regisseur sogar täglich vorbei. »Das hat man auch nicht oft«, erzählt Schikorra. »Er hat bei jedem Stein geguckt, wo er am besten sitzt.« Am Ende war sie genauso zufrieden wie der Regisseur.
Das böse Funkeln des Requisits markiert einen Wendepunkt in Richard Strauss’ Oper Salome. Herodes bittet seine Stieftochter Salome, für ihn zu tanzen, und verspricht, ihr jeden Wunsch zu erfüllen. Der Vater erwartet etwas von dem üblichen Luxus, mit dem er sein Kind zum »material girl« verwöhnt hat. Doch sie? Setzt die Maske auf und fordert den Kopf des Jochanaan, eines Mannes, den sie begehrt, der sie aber in seinem religiösen Eifer zurückweist. Serebrennikov, 47 Jahre alt und einer der aufregendsten Regisseure der russischen Theater- und Opernszene, hat Salome als Sittengemälde einer Familie angelegt, die jedes Gefühl verloren hat – nur nicht die Lust auf Dekadenz.
Inspiration für das Sinnbild dieser sinnentleerten Gier fand er in dem von Diamanten überzogenen Schädel aus Platin, den der Brite Damien Hirst vor zehn Jahren geschaffen und für 75 Millionen Euro verkauft hat. Die Arbeit gilt als teuerstes Werk eines lebenden Künstlers. Die einen sahen in ihr die Maßlosigkeit eines Kunststars, andere ein geniales Spiegelbild der Gegenwart.
Serebrennikovs Idee haben die Maskenbildner Astrid Schikorra und Jürgen Siegert realisiert. Er formte den Kunststoffkopf, sie besetzte ihn in einer Woche Feinarbeit mit Swarovski-Steinen. Solch aufwendige Requisiten entstehen nur selten in ihren Händen, in diesem Fall schaute der Regisseur sogar täglich vorbei. »Das hat man auch nicht oft«, erzählt Schikorra. »Er hat bei jedem Stein geguckt, wo er am besten sitzt.« Am Ende war sie genauso zufrieden wie der Regisseur.
Dieser Beitrag erschien zunächst in Ausgabe Nr. 7 der Spielzeit 2016/17 von Reihe 5, dem Magazin der Staatstheater Stuttgart.
Salome
Okt 2024
Nov 2024