Siegfried

von Richard Wagner
Zweiter Tag des Bühnenfestspiels Der Ring des Nibelungen in drei Aufzügen
Dichtung vom Komponisten
in deutscher Sprache mit deutschen und englischen Übertiteln
Die legendäre Inszenierung des dritten Ring-Teils von Jossi Wieler und Sergio Morabito kehrt als Neueinstudierung zurück auf die Bühne des Stuttgarter Opernhauses. Siegfried beschreibt die Jugend des Titelhelden und die vorläufige Rückeroberung des Rings, für den der Riese Fafner seinen Bruder totgeknüppelt und sich in einen Drachen verwandelt hat. Siegfried schildert aber auch das Aufbrechen zu ersten Heldentaten – unter anderem die „Erweckung“ seiner in Tiefschlaf versetzten Traumfrau und Tante Brünnhilde, die ihn dann aber doch endlich mal das Fürchten lehrt! GMD Cornelius Meister leitet die Neueinstudierung mit einer Reihe von lang erwarteten Rollendebüts im Ensemble.
Ort
Opernhaus
Dauer
I. Aufzug: ca. 1 Std. 20 Min.
Pause: ca. 35 Min.
II. Aufzug: ca. 1 Std. 10 Min.
Pause: ca. 35 Min.
III. Aufzug: ca. 1 Std. 20 Min.
Uraufführung
1876 in Bayreuth
Altersempfehlung
ab Klasse 10
45 Minuten vor Vorstellungsbeginn findet eine Einführung im Foyer I. Rang statt.
Mehr dazu
Das hier am Haus in den 90er- und 00er Jahren erfundene „Stuttgarter Modell“ eines Rings, der keine Deutung aus einer zentralen Perspektive vornimmt, erfährt in der Neuauflage 2021 – 2023 eine Erweiterung: Auf die Multiperspektivität der Walküre mit drei Regieteams folgt die Retrospektive mit Siegfried in der legendären Inszenierung von Jossi Wieler und Sergio Morabito von 1999, die für diese Neueinstudierung noch einmal die „Werkstatt Wagner“ in Stuttgart öffnen und die Proben persönlich betreuen. In Siegfried entwickelt sich Wagners fatales – und an Unerhörtem nicht gerade armes! – Weltendrama fort: Um den pünktlich nach der Weltschöpfung begangenen Verrat an der Liebe für das Gold zu sühnen, ist Siegfried aus der inzestuösen Verbindung der Geschwister Siegmund und Sieglinde als „wirklich freier Mensch“ hervorgegangen, den nichts und niemand schockt (nicht mal Götter- und Großvater Wotan mit seinem Speer). Der „zweite Tag“ des Rings – die „Komödie“ der Tetralogie – beschreibt Siegfrieds Jugend: die vorläufige Rückeroberung des legendären Rings, für den Zwerg Alberich die Unschuld der ganzen Welt verscherbelt und wegen dem der Riese Fafner seinen Bruder totgeknüppelt und sich in einen Drachen verwandelt hat. Siegfried schildert aber auch sein Aufbrechen zu ersten Heldentaten – unter anderem die „Erweckung“ seiner in feuerbewehrten Tiefschlaf versetzten Traumfrau und Tante Brünnhilde, die ihn dann aber doch endlich mal das Fürchten lehrt! Gleichzeitig erfährt Wotan (als „Wanderer“), dass er falsch darin lag, seinen Willen zur Macht einfach an die nächsten Generationen zu delegieren: Der Untergang wird kommen, so oder so, prophezeit ihm seine ehemalige Affäre Erda. Die Räume, die Anna Viebrock für diese Produktion gebaut hat, erzählten schon vor über 20 Jahren von Stagnation und einer abgewirtschafteten, weil an den falschen Prinzipien orientierten Welt. Daraus ergibt sich die Frage, was aus dem damals formulierten Aufbruch geworden ist. GMD Cornelius Meister leitet die Neueinstudierung mit einer Reihe von lang erwarteten Rollendebüts im Ensemble.
Das Stück in Kürze
Der ehemalige Goldschmied Mime hat den Knaben Siegfried, den die sterbende Sieglinde seiner Obhut überantwortet hat, aufgezogen. Ihn treibt die Hoffnung an, durch die Kraft und den Tatendrang des jungen Mannes wieder an den Nibelungen-Hort zu kommen, den er einst für seinen Bruder Alberich schürfen und als Goldschmied herrichten musste und der seit Wotans desaströser Zockerei um die Bezahlung von der Götterburg Walhall dem Riesen Fafner gehört. Doch Siegfried wird in seinem Wunsch, aus der Fremdbestimmung auszubrechen und seine Ursprünge zu erfahren, immer unberechenbarer. Einmal mit dem Wissen um seine Kraft und dem aus Trümmern neu geschmiedeten Wunderschwert Nothung ausgestattet, gibt es für Siegfried, der das Fürchten nicht kennt, kein Halten mehr: Zuerst erschlägt er Fafner und kommt so an den Allmacht verleihenden Ring sowie den von Mime geschaffenen Tarnhelm. Dann muss auch Mime wegen seiner hinterlistigen Absichten dran glauben und am Ende zerschlägt der Teenager selbst den legendären Speer Wotans, der als Wanderer im wachsenden Bewusstsein seines Machtverlusts um die Schauplätze seiner ehemaligen Verbrechen schleicht. Eine letzte Heldentat lehrt ihn doch noch das Fürchten: die Erweckung seiner in jahrelangen Schlaf versetzten Braut Brünnhilde.
Handlung
1. Aufzug
Mime hat aufopferungsvoll einen ihm anvertrauten Säugling aufgezogen. Am Knaben Siegfried hängt auch seine Hoffnung, in den Besitz eines maßlose Macht verheißenden Ringes zu gelangen, den sein Bruder Alberich geschmiedet und verflucht hat, und den der furchtbare Fafner hütet. Als ehemaliger Goldschmied kann Mime Siegfried kein Stahlschwert schmieden, wie dieser es verlangt. Die Aggressivität des Jungen, die sich an Spielzeugschwert und Mittagessen entlädt, beginnt ihm selbst gefährlich zu werden. Er weiß sich der Fragen Siegfrieds nach dem Geheimnis seiner Herkunft nicht länger zu erwehren, berichtet, wie ihn seine Mutter auf der Flucht zur Welt brachte und starb, und übergibt Siegfried, was sie ihm hinterließ: die Trümmer eines Schwertes. Bevor der aufgewühlte Junge hinausstürmt, verlangt er, dass Mime ihm die Stücke noch heute zum Schwert schweißt.

Mime wird von einem Wanderer heimgesucht, der ihn zu einem Ratespiel zwingt: Wer die jeweils drei Fragen des anderen nicht beantworten könne, habe seinen Kopf verwettet. Die Fragen und ihre Antworten reißen alte Wunden auf. Doch während der Wanderer – in dem Mime den ehemaligen Gott Wotan erkennt – auf alle Fragen Antworten weiß, scheitert Mime an der letzten: Wer das Schwert Nothung, das in den Händen von Siegfrieds Vater an Wotans Speer zersprang, neu schmieden könne? Nur wer das Fürchten nicht gelernt habe, enthüllt der Wanderer, und diesem sei auch Mimes Kopf verfallen. Mime gerät in Panik. Seine Angstzustände erregen im zurückgekehrten Siegfried Neugier, und so willigt er ein, sich zur Neidhöhle führen zu lassen, wo ihn Fafner das Fürchten lehren soll. Dann will er weiterziehen – allein mit seinem Schwert, das er nun selbst neu zu schmieden sich anschickt. Während Siegfried die Trümmer zu Spänen zerfeilt, diese zum Schmelzen bringt und ein neues Schwert gießt, erkennt Mime, dass er in jedem Fall verlieren wird: Lehrt Fafner Siegfried das Fürchten, war alles umsonst. Besiegt Siegfried Fafner, ist auch Mimes Leben ihm verfallen. Er braut ein Betäubungsmittel, welches er Siegfried nach erfolgreichem Kampf reichen will, um sich Fafners Schätze bemächtigen zu können.

2. Aufzug
Vor Neidhöhle wartet Alberich auf seine Stunde: auch Fafner wird seinem Fluch irgendwann zum Opfer fallen. Das Erscheinen des Wanderers quittiert Alberich mit Hohn: Er durchschaut die Verzweiflung des Gottes, der sich jeden Anspruch auf den Ring versagen muss, seit er mit ihm seine Bauschulden zahlte und von der Angst umgetrieben wird, dass dieser wieder in die Hände des rechtmäßigen Besitzers gelangt, seines Todfeindes Alberich. Doch dem Wanderer gelingt es, Alberich zu verwirren:
Er warnt ihn vor Mime und Siegfried, die sich näherten, um Fafner zu erlegen. Dann weckt er Fafner und fordert Alberich auf, einen unblutigen Ausgleich auszuhandeln. Doch Fafners Lethargie macht diese Hoffnung zunichte.

Angesichts der Neidhöhle schlottert Mime vor Angst. Siegfried erscheint nur die Gegenwart seines Ziehvaters unerträglich; er verjagt ihn. Siegfried versucht, sich Vater und Mutter vorzustellen. Dann wird seine Neugier von einem Waldvogel gefesselt, mit dem er sich zu verständigen versucht. In seiner Einsamkeit bläst er mutwillig sein Horn und provoziert damit Fafner zum Zweikampf: Siegfried erschlägt Fafner. Der letzte Riese – der nun seinem Bruder Fasolt, den er einst um den Ring erschlug, in den Tod folgt – erkennt Siegfrieds Fremdbestimmtheit, warnt ihn und stirbt in den Armen des Verunsicherten. Willenlos folgt Siegfried der Aufforderung des Waldvogels, sich Ring und Tarnhelm anzueignen – zur Verblüffung von Alberich und Mime, die bereits um Fafners Nachlass streiten. Der Waldvogel warnt Siegfried vor Mime. Die ehemals Verbundenen stehen sich als Todfeinde gegenüber. Mime gesteht Siegfried in scherzendem Ton seine Rachefantasien, dieser erschlägt ihn. Der Waldvogel weckt Siegfrieds Begehren und verspricht, ihn zu einer Frau zu führen.

3. Aufzug
Der Wanderer sucht Erda auf, seine frühere große Liebe, die Mutter seiner Lieblingstochter Brünnhilde und Mitwisserin seiner Taten. Doch statt ihn zu bestätigen, verweist sie ihn auf die unbewältigte Vergangenheit. Gegen ihr Wissen um geschichtliche Schuld setzt er die Behauptung einer Zukunft, die mit Siegfrieds Gewinnung des Rings angebrochen sei und sich mit Erweckung Brünnhildes, die Wotan zur Strafe für ihren Verrat einst in Schlaf versenkte, vollenden werde. Dass Erda ihn Lügen straft verzeiht er ihr nicht. Dann stellt er sich Siegfried in den Weg und verhört ihn über seine Taten und Absichten. Als sich ihm der ungeduldige Junge mit der Frage nach dem Weg zur schlafenden Frau zu entziehen versucht, bedrängt er diesen aus Neid und Eifersucht so lange, bis Siegfried ihm mit seinem Schwert den Speer zerschlägt.

Siegfried findet einen Schlafenden, der eine geheimnisvolle Attraktion auf ihn ausübt. Als er entdeckt, dass das kein Mann ist, lernt er das Fürchten. Er fleht seine Mutter um Beistand an und weckt die Schlafende. Brünnhilde kennt Siegfried schon lang, doch nur als »Wotans Gedanken «, den sie mit ihm nicht teilen kann. Die schutzlos Erweckte leidet, der angstvolle Erwecker begehrt. Die Fremdheit scheint unüberbrückbar. Finden sie in der Liebe die Möglichkeit, ihre Fremdbestimmung zu durchbrechen?
Libretto
Den gesamten deutschen Text von Siegfried finden Sie hier:

Audioeinführung

In 20 Minuten alles Wissenswerte zu Richard Wagners Siegfried erfahren (Musikaufnahmen von der Premierenbesetzung unter Lothar Zagrosek):

Einführung mit Cornelius Meister

Trailer

Bildergalerie

Auszug aus dem Programmbuch

„Die Inszenierung ist so klug, so feinsinnig und dabei so unterhaltsam“
Stuttgarter Zeitung
Susanne Benda, 10.10.2022
„Das Publikum im ausverkauften Opernhaus war hörbar begeistert.“
Ludwigsburger Kreiszeitung
Dietholf Zerweck, 11.10.2022
„Klink ist ein Musiktheaterglücksfall.“
Stuttgarter Zeitung
Susanne Benda, 10.10.2022
„Simone Schneider ist das Stimmereignis des Abends.“
Stuttgarter Zeitung
Susanne Benda, 10.10.2022
„Die eigentliche Sensation des Abends aber kommt aus dem Orchestergraben. Cornelius Meister [...] dirigiert das Staatsorchester Stuttgart mit einer kaum überbietbaren Konzentration und Dichte.“
kultura-extra
Thomas Rothschild, 11.10.2022
„Stine Marie Fischers samtener Alt adelt die Erda.“
Stuttgarter Zeitung
Susanne Benda, 10.10.2022
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