Sie haben Lust auf unsere Uraufführung von „Der Räuber Hotzenplotz“, aber kein Kind, das Ihnen als Alibi zum Besuch dienen könnte? Brauchen Sie auch gar nicht, denn Sebastian Schwabs Oper ist ein Stück für wirklich alle Altersstufen! Dass Musik und Inszenierung auch eingefleischten Opern-Kenner*innen Spaß macht, hat die Premiere gezeigt. Wir sagen, warum und wo es sich besonders hinzuhören und hinzusehen lohnt!
Der Orchestergraben ist bei der Inszenierung von Der Räuber Hotzenplotz hochgefahren, so dass von vielen Plätzen aus die Musiker*innen des Staatsorchesters und Dirigent Florian Ziemen beobachtet werden können.

1. Sebastian Schwabs großer Mix

Klingt Sebastian Schwabs Musik zu Der Räuber Hotzenplotz an der einen Stelle nach oberbayerischem Volksfest, biegen im nächsten Moment lateinamerikanische Rhythmen oder Balkan-Jazz ums Eck. Und war da nicht eben ein Zitat aus der Zauberflöte zu hören? Klingt der Beginn des zweiten Teils nicht plötzlich wie ein Broadway-Musical? Und immer wieder: ganz, ganz große Oper! Das Staatsorchester Stuttgart ist bei dieser Produktion nicht nur mit dem üblichen Instrumentarium besetzt: Zu Streichern, Harfe, Holz- und Blechbläsern gesellen sich Gitarre, Cimbalom (eine Art ungarisches Hackbrett), Akkordeon, Harmonium und jede Menge Schlagzeug. Jede Nummer ist aufs Neue eine Überraschung – und das Ganze gespickt mit viel, viel Humor!
Tenor Heinz Göhrig als großer und böser Zauberer Petrosilius Zackelmann

2. Ein zwölftönender Zwackelmann

„Ich bin der große Zwackelmann / Nehmt euch vor mir in acht“ singt der große und böse Zauberer bei seinem ersten Auftritt. Magisch klingt das irgendwie, und vielleicht auch ein bisschen gruselig. Geübte Hörer*innen erkennen hier eine veritable Zwölftonreihe in der Tradition der Zweiten Wiener Schule. Schönberg grüßt Zwackelmann!
Der Mann mit den sieben Messern, verkörpert von Franz Hawlata

3. Hotzenplotz Superstar

Von Bayreuths Hans Sachs in Wagners Meistersingern und Salzburgs Ochs in Strauss’ Rosenkavalier über die wichtigsten Opernhäuser und Festivals hin zu Stuttgarts Hotzenplotz: Der Bass Franz Hawlata verkörpert die ganz großen Rollen seines Fachs auf den ganz großen Bühnen der Welt. Als die Anfrage aus Stuttgart für die Titelrolle in einer neuen Hotzenplotz-Oper bei ihm ankam, sagte er sofort zu: eine echte Traumrolle für den Bass, der in unmittelbarer Nachbarschaft zur Familie Preußler lebt und mit dem Autor höchstselbst noch im Wirtshaus gesessen hat!
Heinz Göhrig als Mime in der Premierenserie von Jossi Wielers Inszenierung von Wagners Siegfried (Foto: A.T.Schaefer)

4. Die Kartoffeln des Heinz Göhrig

Erinnern Sie sich vielleicht noch ans Jahr 1999/2000? An die Premierenserie von Jossi Wielers und Sergio Morabitos Inszenierung von Siegfried? Heinz Göhrig verkörperte in dieser Produktion die Rolle des Mime – und der erste Aufzug begann damit, dass er in der Küche sitzt und Kartoffeln schält. Ein Leitmotiv für Heinz Göhrigs Karriere als Sänger? Lassen Sie sich überraschen. Nur so viel: Der Kartoffel ist diesmal sogar eine Arie gewidmet!
Elliott Carlton Hines als Kasperl und Clare Tunney als Fee Amaryllis (in Gestalt einer Unke)

5. Die impressionistische Unke

Sie lieben die Musik der französischen Impressionisten? Dann hören Sie mal bei der Unke genau hin: Wenn Kasperl den Keller des Zauberschlosses von Petrosilius Zwackelmann betritt, hören wir die verwunschene Fee Amaryllis weinen – in den schönsten Kantilenen, die direkt von Ravel oder Debussy stammen könnten!
Theater auf dem Theater(vorhang): Elena Tzavaras Inszenierung bedient sich lustvoll aus dem Repertoire des Volks- und Puppentheaters

6. Ein aus dem Vollen schöpfendes Puppentheater

Theater ohne Publikum ist undenkbar. Noch mehr gilt das für die verschiedenen Formen des Volkstheaters: Ob Puppentheater oder das Stegreifspiel in der Tradition der Commedia dell’arte: Wenn die Trennung zwischen Zuschauerraum und Bühne aufgehoben wird, geht’s rund! Stichwort: „Seid ihr alle daaaa?“ Das Team um Regisseurin Elena Tzavara überträgt die Spielregeln des traditionellen Puppentheaters in ihr Inszenierungskonzept und verwandelt die große Bühne des Opernhauses in ein überdimensionales Kasperletheater. Jeder Charakter erhält eine eigene Kasperlebühne in einem passenden Farbcode: rosa für die Stube der Großmutter, grün für den Wald, schwarz für die Magie. Die zahlreichen Handlungssprünge und Szenenwechsel des Textes lassen sich so in einem theatralischen Ballett der Bühnenwägen virtuos miteinander verweben und dabei die Atmosphäre des Jahrmarkts entstehen.
Ein einmaliges Konzept: große Oper für alle Altersgruppen auf der großen Bühne des Opernhauses!

7. Einmalig!

In der laufenden Saison ist die Staatsoper Stuttgart gemeinsam mit der Komischen Oper Berlin das einzige deutsche Opernhaus, das die große Bühne für ein Familienstück freimacht – und damit alle Publikumsschichten gleichermaßen ernst nimmt.
Erinnern Sie sich? „Vorsicht Gold“ steht auf der Kiste, mit der Kasperl und Seppel den Räuber Hotzenplotz überlisten wollen.

8. Kindheitserinnerungen aufleben lassen – und erneuern!

Vor über 60 Jahren erschien der erste Band von Otfried Preußlers Der Räuber Hotzenplotz. Seitdem wurden Generationen von Kindern mit diesem Buch groß – Sie vielleicht auch? Sebastian Schwabs Musik und das Libretto und die Liedtexte von Elena Tzavara, Anne X. Weber und Susanne Lütje bleiben nah an der Vorlage und adaptieren sie dennoch so, dass etwas ganz Neues entsteht: Die verschiedenen Kasperlebühnen der Inszenierung geben nur einen Rahmen und lassen viel Raum für Interpretation übrig – ähnlich wie beim Lesevorgang oder beim Buchblättern.