Die Fledermaus

von Johann Strauß
Operette in drei Akten
Libretto von Karl Haffner und Richard Genée
in deutscher Sprache
Wer auf dem Ball des Prinzen Orlofsky wer ist, ist nicht ganz klar. Jede*r ist, was sie*er will, könnte man sagen. Eine ungarische Gräfin zum Beispiel, ein Frosch oder ein französischer Chevalier – der allerdings inständig hofft, keinem Landsmann zu begegnen, weil er der Muttersprache nicht mächtig ist. Chacun à son goût. Wo die Verkleidung aufhört und die Verwechslung anfängt, ist ganz egal. Denn die Freiheit, Gleichheit und Geschwisterlichkeit des Rausches verspricht eine schillernde Existenz jenseits eindeutiger Zuordnung. Da wird die Operette utopisch. Aber sie wäre keine Kunst, wenn sie nicht auch den Vulkan zeigen würde, auf dem sie tanzt. Philipp Stölzls spektakuläre Inszenierung der Operette aller Operetten verspricht mit Cornelius Meister am Pult des Staatsorchesters für alle Champagnerlaune zum
Jahreswechsel.
Ort
Opernhaus
Dauer
I. und II. Akt: 2 Std.
Pause: ca. 30 Min
III. Akt: 45 Min
Uraufführung
1874 in Wien

Premiere dieser Produktion
2010
Altersempfehlung
ab Klasse 8
Vor Ort wird es keine Einführung geben. Eine Audio-Einführung finden Sie weiter unten auf dieser Seite.

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Das Stück in Kürze
Volltrunken, schlafend und in einem Fledermauskostüm wurde Notar Dr. Falke von seinem Freund Gabriel von Eisenstein einst in frühen Morgenstunden vor dem Rathaus abgelegt und so dem Gelächter der Passanten preisgegeben. Um sich für diesen demütigenden Spaß zu rächen, organisiert er am Vorabend von Eisensteins Haftantritt (Beleidigung einer Amtsperson) einen Ball, auf dem nichts ist, wie es scheint, und in dessen Verlauf dennoch vieles erreicht, aber auch alles verloren werden kann.
Handlung
Prolog Morgengrauen.
Im Lustgarten. Prinz Orlofsky kann nicht mehr lachen. Frosch erinnert ihn daran, dass Falke heute Abend seinen Gästen den dramatischen Scherz „Die Rache einer Fledermaus“ zum Besten geben will. Orlofsky weckt seine Ballettratten. Musik!

Ouvertüre
1. Akt Salon des Ehepaars Eisenstein.
Nr. 1 Introduktion: Alfred „Täubchen das entflattert ist“; Adele „Was schreibt meine Schwester Ida“
Rosalinde Eisenstein und Alfred im Techtelmechtel. Sie versteckt ihren ehemaligen Liebhaber in der Schrankuhr. Das Stubenmädchen, Adele, tritt auf. Sie liest laut aus einem Brief ihrer Schwester Ida, die sie zu einem Abend beim Prinzen Orlofsky einlädt. Plötzlich erklingt Alfred aus der Uhr. Adele wird klar, dass das Ständchen Rosalinde gilt. Sie nutzt die Gelegenheit, Rosalinde um Ausgang für den Abend zu bitten. Rosalinde lehnt ab, muss doch ihr Mann Gabriel am Abend eine fünftägige Arreststrafe antreten.
Nr. 1 a: Adele, Rosalinde „Ach ich darf nicht hin zu dir.“
Enttäuscht zieht sich Adele zurück. Rosalinde überredet Alfred zu gehen. Doch da ertönt Lärm. Alfred flüchtet zurück in die Uhr.
Nr. 2 Terzett: Eisenstein, Blind, Rosalinde „Nein, mit solchen Advokaten“
Gabriel Eisenstein kommt mit seinem Anwalt Dr. Blind. Eisenstein ist wütend: Die Strafe wurde auf acht Tage erhöht. Mühsam kann Rosalinde ihn beruhigen. Gabriel verlangt nach einem Souper.
Nr. 3 Duo: Dr. Falke, Eisenstein „Komm mit mir zum Souper“
Falke tritt auf. Rosalinde und Adele entfernen sich. Falke überredet Eisenstein, statt seine Haft anzutreten mit ihm einen Abend bei Orlofsky zu verbringen. Dort soll er mit seiner goldenen Repetieruhr die Ballettratten verführen. Rosalinde staunt, dass Gabriel sich auf seinen Arrest freut. Da Alfred singt, gibt Rosalinde Adele frei. Eisenstein kehrt in Abendgarderobe zurück und erklärt, er werde mit „den Ratten“soupieren.
Nr. 4 Terzett: Rosalinde, Eisenstein, Adele „So muß allein ...“
Kaum haben Eisenstein und Adele das Haus verlassen, lässt Rosalinde Alfred aus der Uhr. Keck nimmt er Eisensteins Stelle ein.
Nr. 5 Finale: Rosalinde, Alfred, Frank; a. Trinklied „Trinke, Liebchen, trinke schnell“, b. Couplets „Mit mir so spät im tête à tête“, c. Terzett „Mein schönes, großes Vogelhaus“
Rosalinde erliegt Alfreds Werben. Ihr Zusammensein wird durch den Gefängnisdirektor Frank gestört, der gekommen ist, um Eisenstein persönlich zu verhaften. Rosalinde gibt – um einen Skandal zu verhindern – Alfred als ihren Gemahl aus. Frank führt Alfred ab.

Entreact Schnellpolka Perpetuum mobile

2. Akt
Lustgarten Orlofskys.
Die maskierten Schwestern Ida und Adele erkennen sich. Ida beteuert, ihr keinen Brief geschrieben zu haben, schlägt aber vor. Adele dem Gastgeber als „angehende“ Künstlerin vorzustellen.
Nr. 6 Introduktion: Chor „Ein Souper heut' uns winkt“ Falke verspricht dem gelangweilten Gastgeber Orlofsky eine Komödie. Falke stellt Eisenstein unter dem Namen „Marquis de Renard“ vor. Orlofsky fordert ihn zum Trinken auf.
Nr. 7 Couplet: Orlofsky „Ich lade gern mir Gäste ein“
Erschrocken erkennt Adele ihren Herrn, doch als Eisenstein erstaunt eine Ähnlichkeit zwischen ihr und seinem Stubenmädchen konstatiert, spielt sie die Entrüstete und gibt sich als große Dame.
Nr. 8 Ensemble und Couplet: Orlofsky „Ach, meine Herren und Damen“; Adele, Chor „Mein Herr Marquis“
Eisenstein wird von allen verspottet. Orlofsky lacht. Nun ist auch der Gefängnisdirektor Frank eingetroffen. Falke, der ihn - wie auch Adele - zu diesem Ball geladen hat, stellt ihn dem „Marquis de Renard“ als Landsmann „Chevalier Chagrin“ vor. Falke verspricht Eisenstein eine schöne ungarische Gräfin. Diese erscheint wenig später: Es ist die maskierte Rosalinde. Sie beobachtet, wie sich ihr Gatte mit Adele vergnügt.

Nr. 9 Duett: Rosalinde, Eisenstein „Dieser Anstand ...“Eisenstein findet Gefallen an der schönen Maske. Rosalinde gelingt es mit Charme, sich der Repetieruhr zu bemächtigen. Die Gäste verlangen, die schöne Maske möge sich enthüllen. Adele bezweifelt, dass sie eine Ungarin ist. Rosalinde beweist ihr das Gegenteil.
Nr. 10 Csárdás: Rosalinde „Klänge der Heimat“
Eisenstein erzählt wie er Falke im Kostüm einer Fledermaus nach einem Ball betrunken auf der Rathaustreppe zurückließ. Am nächsten Tag musste dieser im Kostüm nach Hause torkeln. Bevor sich Falke aufregt, fordert Orlofsky die Gäste zum Trinken auf.
Nr. 11 a Finale II: Orlofsky, Adele, Eisenstein, Chor „Im Feuerstrom der Reben“
Die Gäste genießen den Alkohol. Es kommt zu erotischen Abenteuern zwischen den Gästen.
Nr. 11 b: Ensemble, Chor „Brüderlein und Schwesterlein“
Am Höhepunkt des Fests hebt Falke das Glas: jeder soll sich den sinnlichen Freuden hingeben.
Polka: „Unter Donner und Blitz“
Die Ballettratten unterhalten die Gäste mit einer burlesken Einlage. Applaus. Nun soll auf Wunsch Orlofskys ein Walzer folgen. Doch die Glockenschläge beenden auch diese Nacht. Entsetzt beeilt sich Eisenstein seinen Arrest und Frank seinen Dienst anzutreten.
3. Akt Trümmerfeld.
Nach dem Fest sind Salon und Garten ineinander gestürzt.
Nr. 12 Entreact
Frosch ist wieder auf der Suche nach Alkohol. Er sinniert über den in der Uhr eingesperrten und stets singenden Alfred.
Nr. 13 Melodram: Frank „Da bin ich wieder in meinem Palais“
Angeheitert erscheinen der „Chevalier“ und der „Marquis“. Letzterer bleibt in den Trümmern hängen. Frank träumt von Adele und Ida. Als er auf Frosch trifft, hält er diesen für den „Marquis“. Frosch meldet, dass der Eingesperrte einen Anwalt verlangt habe. Plötzlich kommen Adele und Ida herein. Ida erinnert den „Chevalier“ Frank, dass Adele als „angehende“ Künstlerin von ihm unterstützt werden muss. Adele beweist ihm ihr Talent.
Nr. 14 Couplet: Adele „Spiel ich die Unschuld vom Lande“
Eisenstein ist wieder aufgewacht und will seinen Arrest antreten. Verkatert hört er, dass sein Freund der Chevalier Chagrin nicht der Chevalier ist, sondern der Gefängnisdirektor Frank. Daraufhin will er sich als Gabriel Eisenstein arretieren lassen. Frank versichert ihm, dass er einen Herrn Eisenstein bereits gestern Abend verhaftet habe. Als der Anwalt Blind erscheint, ahnt Eisenstein, dass in der Uhr wirklich ein Doppelgänger von ihm sitzt. Der Verdacht erhärtet sich als Rosalinde auftaucht. Eisenstein bemächtigt sich der Brille und der Perücke des Dr. Blind, um als Anwalt verkleidet die Wahrheit herauszufinden.
Nr. 15 Terzett: Rosalinde, Alfred, Eisenstein „Ich stehe voll zagen“
Voller Zorn gibt sich „Dr. Blind“ als der echte Eisenstein zu erkennen, bezichtigt Rosalinde der Untreue und fordert von Alfred Satisfaktion. Erst als Rosalinde ihm seine Repetieruhr unter die Nase hält, weiß er, dass seine Frau die ungarische Gräfin war. Er ist blamiert. Mittlerweile sind Orlofsky, Falke und die Partygäste eingetroffen und amüsieren sich, ob des dramatischen Scherzes.
Nr. 16 Finale III: Ensemble, Chor „O Fledermaus, o Fledermaus“
Dr. Falkes „Rache einer Fledermaus“ ist vollbracht. Obwohl Eisenstein beteuert, dass der Champagner an allem schuld sei, verzeiht ihm Rosalinde nicht.

Epilog Morgengrauen.
Orlofskys Lachen versiegt. Frosch sucht wieder nach Alkohol. Langeweile.

Audio-Einführung

„Zu Recht frenetisch gefeiert […].“
Über das Bühnenbild:
„Spektakulär.“
„Satirisch rotierend“ von Hanns-Horst Bauer
Orpheus
05.07.2015
„Ein Meisterwerk der Personenführung, wie es heute nur wenige junge (und alte) Regisseure beherrschen […].“
„Mitten im Lachen entspringt das Weinen“ von Stefan M. Dettlinger
Mannheimer Morgen
06.11.2010
„[Die Co-Regisseurin Mara Kurotschka] hat der neuen Stuttgarter Fledermaus choreografisch ganz schön eingeheizt, hetzt die Sänger […] in Turbogeschwindigkeit über die Bühne, verlangt ihnen die unmöglichsten akrobatischen (haargenau getimten, brillant realisierten) Aktionen auf der ständig in Schieflage befindlichen Bühne ab […]. Ich sah und staunte!“
„Ratten oder Maus, das ist hier die Frage …“ von Horst Koegler
Tanznetz.de
06.11.2010
„Stölzl ist nah am Kern dieser singulären Operette, wenn der rotierende Raum alle durcheinanderwirbelt, die den Schein wahren und den anderen gleichzeitig hintergehen wollen.“
„Die rotierende Fledermaus“ von Joachim Lange
Der Standard (Österreich)
11.11.2010
„Philipp Stölzl, der aus der Popkultur der Video-Clips kommt, hat die Gabe, Menschen für das Musiktheater zu begeistern, die dieses nicht gut kennen.“
„Nacht der Monster“ von Wolfgang Schreiber
Süddeutsche Zeitung
03.11.10