Juditha triumphans

von Antonio Vivaldi
Die über die Barbarei des Holofernes triumphierende Judith
Oratorium sacrum militare
Libretto von Iacopo Cassetti nach dem
biblischen Buch Judit
in lateinischer Sprache
Die Geschichte der strahlend schönen hebräischen Witwe Judith, die Holofernes, den Würgengel ihres Volkes, verführt und mit seinem eigenen Schwert den Kopf abschlägt, war lange ein populärer europäischer Selbstverteidigungsmythos: Christentum gegen „Barbaren“, vermittelt über den Topos „Frau gegen Mann“. Als Ikone des Widerstands, an Körper und Geist beschädigte Märtyrerin oder skandalverdächtige Proto-Salome sind so über die Jahrhunderte in bildender Kunst wie Dramatik viele Judiths entstanden, die stets von unversöhnlicher Feindschaft erzählen. Auch Antonio Vivaldis „geistlich-militärisches“ lateinisches Oratorium Juditha triumphans devicta Holofernis barbarie wurde 1716 nach Befreiung Korfus von osmanischer Belagerung durch eine katholische Koalition zwischen Habsburgern und der Seerepublik Venedig uraufgeführt. Durch überraschend betörende wie martialische Musik stellte Vivaldi das Selbstbewusstsein Venedigs allegorisch als „weiblich-temperiert“ und nur in der Defensive aggressiv dar. Bei der Uraufführung am Mädchen-Waisenhaus des Ospedale della Pietà, das für seine musikalische Exzellenz berühmt war, musizierten und sangen ausschließlich junge Frauen hinter Gittern und Gazen verborgen – der erotische Skandal blieb so reine Lyrik. Regisseurin Silvia Costa hat in diesem Sinne Chor und Soli in Juditha triumphans in einer hochpoetischen Choreografie inszeniert, die versucht, Kontinuitäten zwischen Prinzipien freizulegen, die zu feindlichen Polen aufgebaut worden sind. Nach fast zwei Jahren im unfreiwilligen Tiefschlaf erlebt diese Produktion nun endlich ihre Premiere.
Ort
Opernhaus
Dauer
1. Teil: 1 h 10 min.
Pause: ca. 30 min.
2. Teil: 1 h 10 min.
Uraufführung
1716 in Venedig

Premiere dieser Produktion
16. Januar 2022

Altersempfehlung
ab Klasse 9
45 Minuten vor Vorstellungsbeginn findet eine Einführung im Foyer I. Rang statt.

Mehr zu den aktuell gültigen Hygiene-Regeln finden Sie hier.

Am 6. März findet in der Akademie der Diözese Rottenburg-Stuttgart eine Tagung rund um Juditha triumphans statt.


Die Vorstellung am 12. März wird via Livestream auf dieser Seite übertragen.

Audio-Einführung

Trailer

Bildergalerie

Costas erste Musiktheaterregie nach etlichen Schauspielinszenierungen und Performances ist in dieser Hinsicht auch ein Akt der Emanzipation, und er ist hochgelungen.
Stuttgarter Zeitung
Mirko Weber, 18.01.2022
Die Altistin Stine Marie Fischer verleiht dem Holofernes Wärme und Kraft, Gaia Petrone und Lindsey Coppens verkörpern sicher Abra und Ozias, und vor allem die Empathie der ebenso fein wie expressiv singenden Rachael Wilson als Judith und die stupende Virtuosität von Diana Haller als ebenso koloratur- wie ausdruckssprühender Vagaus prägen maßgeblich die Szene.
Stuttgarter Nachrichten
Susanne Benda, 18.01.2022
Im Quintett der Frauenstimmen (...) triumphierte eindeutig Diana Haller. Mit großer Stimmpräsenz, klarer Sicherheit in den Verzierungen bis in die Sopranhöhen und emphatisch unermüdlicher Koloraturfeurigkeit, etwa nach Entdeckung der Bluttat in dem wutschäumenden „Armatae face, et anguibus“, brillierte sie als Holofernes-Vertrauter Vagaus, den Vivaldi mit der vokalen Attitüde eines Feldherrn, sprich einer echten Primadonna, ausstattete.
BADISCHE NEUESTE NACHRICHTEN
Nikolaus Schmidt, 18.01.2022
Das mit Originalinstrumenten – namentlich Gamben und Zupffraktion – auf- gerüstete Staatsorchester trifft in Benjamin Bayls Leitung vom Cembalo aus den unwiderstehlichen Vivaldi-Touch beinahe wie ein Spezialistenensemble: temperamentvoll, klangrhetorisch geschliffen, prägnant in Ton und pulsierendem Rhythmus.
Eßlinger Zeitung
Martin Mezger, 18.01.2022
So sphärisch manche der Chorpassagen und zahlreiche instrumentale Kostbarkeiten von Vivaldis Partitur klingen, so behutsam, einfallsreich und assoziativ widmet sich die italienische Regisseurin der Darstellung der unzähligen Rezitative und Da-capo-Arien, die das Geschehen voranbringen und emotional beleuchten.
Ludwigsburger Kreiszeitung
Dietholf Zerweck, 18.01.2022
Stine Marie Fischer wird zum Feldherrn, verströmt Größe, ist ganz weltläufiger Galan. Rund, weich und kultiviert singt sie, selbst in den tieferen Lagen. (...)

Rachel Wilson hält ihre Judith gekonnt in der Schwebe zwischen Entrückung und fanatischer Zielstrebigkeit. Wunderbar ihre sanfte Schlaf-Arie allein zu Lautenklängen. Bestechend, wie sie bei aller Zartheit auch Härte spüren lässt.
Reutlinger General-Anzeiger
Armin Knauer, 18.01.2022
Der Dirigent, Cembalist und Organist Benjamin Bayl sorgt hier, fein dosiert, für die jeweils richtige Brise, wie er überhaupt sorgsam die Verhältnisse zwischen Continuo und Staatsorchester klangschön austariert. Musikalisch ist die Aufführung allein wegen der drei anderen Mezzosopranistinnen (vorneweg Diana Haller als Vagaus, Gaia Petrone als Abra und Linsey Coppens als Ozias) ein Ereignis.
Stuttgarter Zeitung
Mirko Weber, 18.01.2022
Die Waffen der Frauen, in jeder Genderrolle? Der Gesang. Die grandiose Diana Haller hält nicht nur eine Maschinenpistole hoch, siefeuert als kriegerischer Diener Vagaus auch wahre Koloraturenketten ab. Rachael Wilson in der Titelpartie: zart und auch mit erschütternder Tiefe, eine verletzliche Judith in einsamen, nur von der Mandoline oder einer Klarinette begleiteten Arien. Stine Marie Fischer ist ein wie verzauberter Holofernes, der nicht weiß, wie ihm geschieht.
Südwest Presse
Jürgen Kanold, 18.01.2022
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