La Bohème

von Giacomo Puccini
Szenen aus Henri Murgers Vie de Bohème in vier Bildern
Libretto von Giuseppe Giacosa und Luigi Illica
in italienischer Sprache mit deutschen Übertiteln
„Ich bin der Poet und Mimì ist die Poesie“, singt Rodolfo: Wenn Mimì am Ende zwischen all den Kunstwerken in Marcellos Atelier ebenfalls zum Kunstobjekt wird, ist die auf die Produktionszusammenhänge von Kunst zielende Inszenierung von Andrea Moses besonders klar und besonders bitter. Eine „höchst unterhaltsame, temporeiche, von allen Süßstoffen befreite Bohème“ befand der Bayerische Rundfunk. Puccini, ein Freund schneller Autos und schneller Liebschaften, gründete übrigens während der Arbeit an La Bohème einen gleichnamigen Männerclub, dessen Statuten u. a. vorsahen: „Klugheit ist nicht zugelassen, außer in Ausnahmefällen“.
Ort
Opernhaus
Dauer
Die Einführung findet 45 Minuten vor Vorstellungsbeginn im Foyer I. Rang statt.

I./II. Bild: ca. 60 min
Pause: ca. 30 min
III./IV. Bild: ca. 55 min

Uraufführung
1896 in Turin

Premiere dieser Produktion
2014

Familienvorstellungen
15.12.2019, 26.12.2019 jeweils nachmittags

Altersempfehlung
ab Klasse 9
Das Stück in Kürze
Eine Künstler-WG, bestehend aus vier dichtenden, malenden und musizierenden Herren, improvisiert sich durchs alltägliche Leben, stets in der Erwartung, den ultimativen Durchbruch zu erzielen. Doch die Lage ist prekär und das Geld reicht noch nicht einmal für die letzte Miete. Der Dichter Rodolfo ist besonders frustriert, so muss er ausgerechnet am Weihnachtsabend zuhause bleiben, um eine Auftragsarbeit für eine Zeitung fertigzustellen. Doch das Schicksal klopft an seine Tür, und Rodolfo findet in Mimì eine inspirierende Muse und entdeckt in ihr ein vielversprechendes künstlerisches Talent. Doch Mimì ist krank – ob es ein Happy End gibt?
Handlung
1. Bild
Ein vierköpfiges Kreativ-Team, bestehend aus sich zum Dichten, Malen, Musizieren und Denken auserkoren dünkenden jungen Männern, improvisiert sich durchs alltägliche Leben, in steter Erwartung des einen sensationellen Ereignisses, des ultimativen Durchbruchs in die öffentliche Bedeutsamkeit. Die aktuelle Situation ist prekär: am Heiligabend nisten sich Hunger und Kälte im Gemeinschaftsatelier ein, aber krisenerfahren wie die jungen Männer sind, beginnen sie den Mangel zu feiern. Der Musiker Schaunard übertrumpft alle fiktiven Siege seiner drei Mitstreiter über die materielle Not – er bringt bares Geld und reales Essen herbei. Dadurch beflügelt, wollen sie sich in die weihnachtliche Verkaufsschlacht werfen, um danach bis zur Besinnungslosigkeit zu feiern.Der auf den längst fälligen Mietzins pochende Vermieter hält sie mit seinen Forderungen auf. Sie locken ihn geschickt in eine Falle. Zu spät entdeckt er, dass er sich im eitlen Überschwang als Exhibitionist seiner absonderlichen sexuellen Gewohnheiten enttarnt hat. Ohne Miete flieht er vor dem Spott derKünstler. Der Dichter Rodolfo bleibt frustriert zurück, um eine Auftragsarbeit für eine Zeitung fertigzustellen. Doch das Schicksal klopft an die Tür und es kommt, wie es kommen muss, wenn zwei einander sympathische Menschen in dunkler Zweisamkeit zufällig absichtsvoll, zaghaft begehrend sich berühren: Rodolfo findet in der Wäschestickerin Mimì eine inspirierende Muse und entdeckt in ihr ein vielversprechendes künstlerisches Talent.
2. Bild
Käufermassen und Verkäuferscharen wälzen sich durch den weihnachtlichen Verkaufstempel. Die Bohemiens versuchen mit kleinen Geschäften und frechen Geschäftigkeiten aufzufallen: sie vertreiben harmlose Bürgerinnen von ihren Plätzen und besetzen einen prominenten Tisch im angesagten Café Momus, sie nehmen Mimì zeremoniell in ihren Bund auf und zelebrieren nicht nur genüsslich ihr öffentliches Festmahl als Labung der zahllos umherschwirrenden Kinder, sondern statten diese auch noch mit Spielzeugwaffen aller Art aus. Der Auftritt der Vorstadt-Diva Musetta und ihres gegenwärtigen Galans und Finanziers stiehlt ihnen überraschend die Show. Hemmungslos und atemberaubend inszeniert Musetta einen prächtigen Skandal. Dem kann ihr verflossener Liebhaber Marcello nicht lange widerstehen, und sie liegen sich wieder in den Armen. Jetzt können die Bohemiens triumphieren, mehr Aufmerksamkeit ist nicht zu erringen. Die Ordnung wankt. Anarchie macht sich breit. Rechnungen bleiben unbezahlt, Weihnachten löst sich in einem karnevalistischen Umzug auf. Der Verkaufstempel versinkt im Chaos.

Pause
3. Bild
An einem winterlich trüben Frühmorgen in den öden Hinterhöfen trister Seitenstraßen, einem Treff von Nachtarbeiterinnen und -arbeitern verschiedener Profession sucht die erkrankte Mimì nach Marcello, der hier zusammen mit Musetta in einem viertklassigen Etablissement Unterkunft und Arbeit gefunden hat. Mimì weiß nicht mehr weiter. Die selige Weihnachtszeit ist vergangen, ihr Zusammenleben mit Rodolfo ist zur gegenseitigen Qual geworden. Rodolfo sei rasend eifersüchtig, deshalb bittet Mimì Marcello, ihnen dabei zu helfen, sich zu trennen. Er schickt sie nach Hause und befragt Rodolfo, der sich bei ihm vor Mimì verborgen hat, nach seiner Version des Scheiterns der Beziehnung. Rodolfo gesteht seine Verzweiflung: Mimì sei tödlich erkrankt und er könne ihr nicht helfen. Mimì, die dieses Gespräch belauscht, begreift die Ausweglosigkeit der Situation und will sich sofort von Rodolfo trennen, doch der Versuch missglückt. Sie beschließen zusammen zu überwintern, aneinander geklammert »bis die Blumen erblühen«. Dagegen halten es Musetta und Marcello nicht mehr miteinander aus. Sie trennen sich in einem wüsten Streit – sie von ihm, ob seiner professionellen Unfähigkeit und er von ihr, ihrer fragwürdigen Profession wegen. Die Liebeszeit ist abgelaufen.
4. Bild
Das Kreativ-Team ist wieder vereint, doch die Blumen sind verblüht, Mimì gegangen, Musetta nicht wieder gesehen. Was bleibt da den Herren, brütend vor leerem Papier und weißer Leinwand? In Erinnerungen schwelgend finden sie Geschmack an ihrer desolaten Situation. Sie werden verzweifelt kreativ und spielen das böse Spiel vom schönen Schein des ach so lustigen Lebens der Bohème vor aller Augen im zur Galerie verwandelten Atelier.Da stört Musetta das Quartett auf und stürzt es in tiefsten Jammer, denn hinter ihr schleppt sich die sterbende Mimì, nicht – wie sie glaubt – in die Geborgenheit des Ateliers, sondern in das grelle Licht des Kunstmarktes.
Trailer
Fotogalerie
Andrea Moses nimmt der Szene alles Triviale, Weinerliche und berührt das Publikum gerade durch die Mehrdeutigkeit – war alles nur Kunst oder etwa Alltag? Stuttgart hat damit eine höchst unterhaltsame, temporeiche, von allen Süßstoffen befreite ‚Bohème‘.“
„Nachtkritik ‚La Bohème‘“ von Peter Jungblut
Bayerischer Rundfunk, B5 aktuell
31.05.2014
„So kann Puccini klingen – irgendwo zwischen bitterem Realismus und befreiender, abhebender Schwelgerei. Großer Premierenjubel.“
„Im Street-Art-Design: Puccinis ‚La Bohème‘ an der Oper Stuttgart“ von Otto Paul Burkhardt
Südwest Presse Ulm
02.06.2014
„Lautstarker Premieren-Jubel wie bei einem Popkonzert (…) für eine Aufführung, die Puccinis populärste Oper radikal in die Gegenwart versetzt und damit vielleicht auch ein jüngeres Publikum anlocken und begeistern kann.“
„Andrea Moses‘ ‚Bohème‘ in Stuttgart – Schwäbisch-poppig“ von Hanns-Horst Bauer
Operalounge.de
04.06.2014
„[…] Derzeit eine der besten ‚Bohèmes‘ im deutschsprachigen Raum […]. Ein mehr als würdiger Abschied für Andrea Moses als Chefregisseurin der Staatsoper Stuttgart.“
„Menschliche Bilder einer Ausstellung oder die Kommerzialisierung des Kunstbetriebes“ von Ludwig Steinbach
Der Opernfreund
04.06.2014
„Die Personenführung von Andrea Moses animiert die jungen Sänger zu einer Spielfreude, die ansteckend wirkt.“
„Die Kunst zu sterben“ von Frank Pommer
Rheinpfalz
02.06.2014
„Ähnlich wie beispielsweise in ihrer 'Don Giovanni'-Inszenierung von 2012 überträgt [Andrea Moses] auch hier die Handlung geschickt und ohne Interpretationsfragen offen zu lassen in die Gegenwart.“
„Auf der Suche nach der Heimat“ von Thomas Gehrig
klassik.com
02.06.2014
„[Das Ende] stellt den frechsten Eingriff in die Dramaturgie der Oper dar und ist zugleich die überzeugendste Idee, die Idee zum Mitnehmen nach Hause. Der letzte Akt […] zeigt die Künstler-WG inzwischen als Teil einer Ausstellung. […] Mimìs Tod ist hier das Gegenteil einer intimen Dachkammerszene. Ausstellungsbesucher kommen vorbei, teils scheu, teils aber hätten sie anscheinend durchaus Lust, ein wenig mitzumachen. […] Dem Ernst der Lage nimmt das nichts, denn Andrea Moses gelingt es jetzt ganz ausgezeichnet die Waage zu halten zwischen der Intensität der Opernszene und ihrer Idee. Die zur Folge hat, dass der Beifall der Ausstellungsbesucher, die vielleicht ahnen, was los ist, vielleicht aber auch nicht […] nahtlos übergeht in den Beifall des Stuttgarter Premierenpublikums.“
„Die Arbeit der Künstler“ von Judith von Sternburg
Frankfurter Rundschau
03.06.2014
Hintergrund
#StgtBoheme
Video
Der Kapellmeister bei den Proben zu „La Bohème“
#StgtBoheme