Aus Mezzo mach Sopran? Mit der Partie der Elettra in Mozarts „Idomeneo“ hat die kroatisch-italienische Mezzosopranistin Diana Haller erstmals eine Sopranpartie übernommen. Wie kam es dazu? Und wie hat sich die Stimme der Sängerin in den letzten Jahren verändert? Sebastian Ebling hat Diana Haller telefonisch zwischen den Proben mit dem Münchner Rundfunkorchester erreicht und mit ihr über eine faszinierende Frauenfigur, Mozarts Musik und Pläne für die Zukunft gesprochen.
Liebe Diana, rund eine Woche ist die Premiere von Wolfgang Amadeus Mozarts Idomeneo her. Du hast dein Debüt als Elettra gefeiert. Wie war’s?
Das war ein wirklich großes Debüt für mich, von daher war ich schon etwas aufgeregt. Eigentlich bin ich hoher Mezzosopran, die Rolle der Elettra ist aber für Sopran komponiert. Das ist dann gesangstechnisch nochmal ein anderes Kaliber. Aber in unserem Haus fühlt man sich immer von allen Seiten unterstützt, – egal ob von der musikalischen oder szenischen Seite, bis hin zu Kostüm und Maske – so dass man beruhigt in eine Premiere gehen kann. Und am Sonntag kam wirklich alles zusammen, die Atmosphäre war großartig!
In Idomeneo geht es um den kretischen König, der seinen Sohn Idamante opfern soll, um den Gott Neptun zu besänftigen. Welche Rolle spielt Elettra in der Oper und wie würdest Du sie charakterisieren?
Elettra will Idamante heiraten, ich denke aber nicht, dass sie wirklich verliebt ist. Na gut, als Frau sucht sie vielleicht auch Liebe, aber ich glaube bei ihr dominiert vor allem das Verlangen nach Macht und Herrschaft. Das ist wohl der Hauptgrund für ihre Eifersucht auf Ilia und in zwei ihrer Rezitative („Qual nuovo disastro“ und „Oh! Qual contrasto“) scheint es, dass sie sich sogar freut, dass es anders läuft, als Idomeneo oder Idamante und vor allem Ilia sich das erhoffen.
Elettra mit ihrer Gegenspielerin Ilia
(Foto: Matthias Baus)
Was macht für Dich Mozarts Musik aus? Und was sind die besonderen Herausforderungen bei Idomeneo?
Bei Mozart finde ich immer spannend, dass er die Stimmen wie Instrumente behandelt, was die Partien auch technisch anspruchsvoll macht. Hier sind keine Portamenti wie im Belcanto gefordert, sondern der Ton muss schweben und die Recitativi sollten natürlich textverständlich sein. Außerdem muss man ständig aufpassen, dass man im Stil bleibt.

Elettras Arien sind in verschiedenen Lagen komponiert: Die erste Arie hat mehr Mezzofarbe, in der zweiten und dritten dagegen ist ein leichterer, höherer, fast schwebender Sopran gefordert – ähnlich wie z.B. beim „Et incarnatus est“ aus der c-Moll-Messe. Und dann die letzte, große Arie („D'Oreste, d'Ajace“), wo man eher wie ein dramatischer Sopran klingen sollte, mit ganz viel Schärfe und „Metall“ in der Stimme. Außerdem wirken die verschiedenen Nummern auch im Verhältnis zueinander wie durchkomponiert. Zum Beispiel sind die zweite und dritte Arie zwar durch einen Marsch und ein Rezitativ unterbrochen, aber alles geht nahtlos ineinander über – es gibt kein „Ende“ und dann Szenenapplaus, sondern man muss dranbleiben und die Figur weiterentwickeln. Das macht diese Partie für mich aber auch so interessant.
„Von Eifersucht erregt“ lautet eine von Mozarts Vortragsbezeichnungen für Elettra. Das kann man auch sehen.
(Foto: Matthias Baus)
Du hast es vorhin schon gesagt: Du bist eigentlich Mezzosopranistin, Elettra ist eine Sopranpartie. Bedeutet das langfristig einen Fachwechsel?
Ich merke zunehmend, dass die Stimme nach oben will. Jahr für Jahr gewinne ich – durch technische Arbeit, aber auch durch das Alter – mehr Höhe in der Stimme. Ich möchte aber nicht plötzlich das Stimmfach wechseln und einfach sagen: Ab jetzt singe ich nur noch Sopran. Auch für Mezzosopran gibt es immer noch so viele tolle Rollen! Aber einen Giulio Cesare werde ich wahrscheinlich nie wieder singen, weil es einfach zu tief geworden ist. Und: So sehr ich z.B. die Rosina im Barbier von Sevilla liebe – mein ganzes Leben lang möchte ich diese Partie auf keinen Fall singen (lacht).
Kannst Du uns schon verraten, auf welche Sopranpartien wir uns in näherer Zukunft von Dir freuen dürfen?
Im April steht mir mit Leonora in Il trovatore in Slowenien ein weiteres großes Debüt bevor. Das ist jetzt der nächste große „Stein“, den ich bewegen muss.
Warum soll man unseren Idomeneo auf keinen Fall verpassen?
Ich denke, wir haben ein großartiges Ensemble auf der Bühne, ein fantastisches Orchester mit unserem Generalmusikdirektor Cornelius Meister, und ein super interessantes Regiekonzept mit diesem Schattenspiel und dem Wasser – ich wünsche mir, dass alle kommen und mit uns diese tolle Oper feiern!
Durch Schattenprojektionen macht Regisseur Bastian Kraft in seiner Inszenierung das Unbewusste und die Gedankenwelt der Figuren sichtbar.
(Foto: Matthias Baus)
Diana Haller, Mezzosopran, geboren in Rijeka, Kroatien. Sie studierte Gesang zunächst in ihrer Heimatstadt, anschließend am Conservatorio di Musica Giuseppe Tartini in Triest, an der Royal Academy of Music in London sowie in Stuttgart bei Dunja Vejzović. 2012 erhielt Diana Haller den 1. Preis beim Internationalen Wettbewerb für Liedkunst der Hugo-Wolf-Akademie Stuttgart. 2013 wurde Diana Haller für ihre Stuttgarter Cenerentola in der Kritikerumfrage der „Opernwelt“ zur Nachwuchssängerin des Jahres gewählt und erhielt den Ivo-Vuljević-Preis 2013 sowie den Award of the Zagreb Philharmonic and Zagrebačka Banka for the Young Musician of the Year. 2009/10 gab sie als Mitglied des Internationalen Opernstudios ihr Debüt an der Staatsoper Stuttgart und wurde 2010/11 in das Ensemble der Staatsoper Stuttgart aufgenommen. Im Jahr 2021 erfolgte die Ernennung zur Kammersängerin. Diana Haller ist in der Saison 2022/23 Schirmherrin des Internationalen Opernstudios. In Stuttgart sang sie als Ensemblemitglied u.a. Cherubino (Le nozze di Figaro), Enrichetta (Die Puritaner), Hänsel (Hänsel und Gretel), die Titelpartie von Ariodante, Dorabella (Così fan tutte), den Komponisten (Ariadne auf Naxos), Octavian (Der Rosenkavalier, konzertant), Vagaus (Juditha triumphans), Ruggiero (Alcina), Adalgisa (Norma) und Rosina (Il barbiere di Siviglia). 2011 gab Diana Haller mit der Titelpartie in Siroe, Rè di Persia von J. A. Hasse ihr Debüt beim London Handel Festival und in Il noce di Benevento von Giuseppe Balducci beim Festival Rossini in Wildbad. 2014 gastierte Diana Haller als Ines (Il trovatore) bei den Salzburger Festspielen, 2015/16 als Angelina (La Cenerentola) am Gärtnerplatztheater in München, 2020 als Adalgisa (Norma) an der Staatsoper Hamburg und 2021 als Ruggiero (Alcina) an der Opéra National du Rhin in Straßburg. 2024/25 ist sie als Mezzosopran in La Fest, als Fremde Fürstin in Rusalka und als Elettra in der Neuinszenierung von Idomeneo an der Staatsoper Stuttgart zu erleben.

Idomeneo

Nov 2024
https://www.staatsoperstuttgart.de Staatsoper Stuttgart Oberer Schloßgarten 6, 70173 Stuttgart

So
24
17:00 – 20:15
Opernhaus
Premiere
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Mi
27
19:30 – 22:45
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Dez 2024
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Mo
2
19:00 – 22:15
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Do
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