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19.11.2024 Land unter?
Land unter?
Wasser auf der Bühne! Für die Neuproduktion von Mozarts „Idomeneo“ stellen Regisseur Bastian Kraft und Bühnenbildner Peter Baur unsere technischen Abteilungen vor ganz besondere Herausforderungen. Unser Bühnenmeister Lukas Kindermann erklärt hier, wie das Wasser auf die Bühne kommt – und dann vor allem auch wieder runter.
Also, ganz von Anfang an: Wie geht das mit dem Wasser bei Idomeneo?
Das Wasser wird von unseren Maschinisten der Bühnentechnik aus vier Anschlüssen aus der Unterbühne eingelassen. Dort hat man schon in den 1980er Jahren mehrere Wasseranschlüsse fest installiert. Das Einfüllen auf die festgelegte Wassertiefe benötigt circa zehn Minuten. Das Ablassen dauert leider etwas länger. Bis die Bühne am Ende wieder trocken ist, dauert es fast eine Stunde! Hier arbeiten wir mit Tauchpumpen, Nasssaugern, Wischern und vielen Handtüchern – und alle müssen dabei mithelfen.
Wie viel Wasser benötigt ihr da?
In der Entstehungsphase kann es vorkommen, dass sich ein Bühnenbildner einen bestimmten Wasserstand wünscht. Die Wassermenge, die sich hieraus ergibt, kann man aber sehr schnell unterschätzen. Wenn zum Beispiel 20 Zentimeter Wassertiefe gewünscht werden, bedeutet das bei einer Wasserfläche von 126 Quadratmetern Bühne (14m x 9m) 25.200 Liter – also 25 Tonnen. Das ist für uns nicht realisierbar. Bei zwei Zentimeter Wassertiefe kommen wir immer noch auf knapp 2.500 Liter Wasser. Das ist deutlich realistischer; trotzdem sind das noch immer knapp 14 Badewannen.
Wie geht ihr da vor – von der Konzeptionsphase bis zur konkreten Umsetzung?
Bei den ersten Proben zeigt sich dann oftmals, dass weniger Wasser als ursprünglich geplant auch vollkommen ausreichend ist. Bei Idomeneo hatten wir uns in der Planung auf maximal fünf Zentimeter Wassertiefe geeinigt und sind jetzt bei den Proben letztlich bei einem Stand von 2 bis 2,5 Zentimeter angelangt. Speziell gebaut werden musste dafür eigentlich nichts. Das „Herzstück“ ist die knapp 150 Quadratmeter große EPDM-Folie. Diese Folien werden üblicherweise in Teichen oder zum Abdecken von Dächern verwendet. Damit sie wirklich dicht ist, wird sie in einem Stück verlegt, wiegt dadurch aber auch fast 250 Kilogramm.
Wow, ganz schön viel Arbeit für euer ganzes Team!
Damit diese schwere Folie überhaupt bewegt werden kann, wird sie von der Bühnentechnik zu einem Schlauch gefaltet und auf einen langen Wagen gelegt. Der gesamte Aufbau des Bühnenbildes von Idomeneo dauert knapp drei Stunden. Hinzu kommen natürlich noch Zeiten für Beleuchtung, Ton und Video. Die erste Stunde des Abbaus besteht nur daraus, die Folie trocken zu bekommen. Das muss sein, denn wenn wir die Folie zusammenfalten würden, solange sie noch feucht ist, würde das nach ein paar Tagen sehr unangenehm riechen.
Was müssen die Menschen auf der Bühne beachten?
Natürlich erzeugt jede Bewegung im Wasser Geräusche. Darauf müssen alle Sängerinnen und Sänger achten, insbesondere der Chor. Und auch Regisseur Bastian Kraft muss prüfen, an welcher musikalischer Stelle Bewegungen möglich sind und was das für die Auf- und Abtritte bedeutet.
Darüber hinaus ist auch die Kostümabteilung gefordert. Alle Beteiligten tragen wasserfeste Schuhe oder Gummistiefel. Außerdem darf der Stoff der Kostüme nicht zu saugfähig sein, und wenn sich jemand szenisch hinknien oder -setzen muss, dann sind entsprechende Hosen nötig. Trotz der speziellen Kostüme wird – gerade im Probenbetrieb, bei wiederholten Auf- und Abgängen – eine nicht unerhebliche Menge an Wasser aus dem Becken auf die Seitenbühnen hinausgetragen. Da kommen wir mit dem Wischen manchmal kaum hinterher, denn die Rutschgefahr muss natürlich möglichst niedrig gehalten werden. Außerdem besteht der gesamte Bühnenboden aus Holz – und das mag es überhaupt nicht, über längere Zeit nass zu sein.
Was bedeutet das Wasser für den Probenprozess?
Da viele Proben nicht chronologisch stattfinden, muss genau überlegt werden, wann welche Szene geprobt werden soll. Das Wasser fließt erst während des Stückes in das Becken. Ein Sprung zurück, um eine vorherige Szene zu wiederholen, ist unter diesen Bedingungen also nicht mal eben möglich. Das betrifft auch die Beleuchtungsproben zwischen den Klavier- oder Orchesterproben. Benötigt der Lichtdesigner das Wasser oder leuchtet er den ersten Akt aus, der ohne Wasser gespielt wird? Startet die Bühnen-Orchesterprobe am Abend dann direkt mit Wasser oder ohne? Der Lichtdesigner möchte nach der Probe am Abend noch etwas aus dem ersten Akt korrigieren? Nicht möglich, da die Reflexionen ein ganz anderes Bild erzeugen würden.
Idomeneo
Nov 2024
Dez 2024