Digitale Feierstunde mit vier (Ex-)Intendanten: Monika Weng-Gebhardt, Viktor Schoner und Simone Theilacker-Wolter (Direktorin Künstlerische Produktion), Jossi Wieler, Veronique Walter (Künstlerische Betriebsdirektorin), Albrecht Puhlmann und Prof. Klaus Zehelein (v.l.)

40 Jahre „treu geleistete Arbeit“ – 40 Jahre MWG

Seit 1981 ist Monika Weng-Gebhardt ununterbrochen an der Staatsoper Stuttgart engagiert, seit vielen Jahren als persönliche Referentin des jeweiligen Intendanten. Diese kamen und gingen, Monika Weng-Gebhardt blieb. Viktor Schoner huldigt hier den Kernkompetenzen Loyalität, Ehrlichkeit, Furchtlosigkeit und Geduld einer seiner engsten Mitarbeiterinnen.
Quizfrage: Wer oder was verbindet die Herren Prof. Klaus Zehelein, Albrecht Puhlmann, Jossi Wieler, einige weitere sowie mich persönlich? Und das noch viel mehr als schlichtweg die Tatsache, den identischen Job, nämlich Opernintendant in Stuttgart, (gehabt) zu haben?

Antwort: Die freudvolle, diskrete und stets loyale Zusammenarbeit mit der gleichen sehr engen Mitarbeiterin, ihr Titel entwickelte sich analog zum Zeitgeist von „Assistentin“ zur „persönlichen Referentin“: Monika Weng-Gebhardt, der dieser kleine Text gewidmet ist.

Eine denkwürdige Feierstunde vergangene Woche in der Stuttgarter Opernintendanz: Monika Weng-Gebhardt feiert ihre 40-jährige Tätigkeit an der Staatsoper Stuttgart. Seit 1. April 1981 war sie ohne Unterbrechung an diesem Haus tätig. Sogar schon ein bisschen vorher war sie als Joker in verschiedensten Positionen hier, aber erst nach einem kurzen Gastspiel im SWR verschrieb sie ihre Energie und Arbeitskraft diesem wunderbaren Theater. Es fallen historische Namen wie der Intendant Doll, der Operndirektor Schwinger, der „General“ Gönnenwein, Chefdramaturg Klaus-Peter Kehr, Dennis Russell Davies natürlich, Gabriele Ferro etc. etc.
In guter Tradition des öffentlichen Dienstes bekommt man zu diesem Anlass eine vom Ministerpräsidenten unterschriebene Urkunde „für treu geleistete Arbeit“. Wie wahr!

Von den fast unzähligen „ihrer“ Intendanten leben also noch vier Männer, die vergangene Woche als Überraschung und via Online-Videoschalte der Feierstunde beiwohnten. Vier Männer – trotz der sehr verschiedenen Generationen und Biografien kann man sie nach heutigem Sprachgebrauch nicht als divers bezeichnen. Monikas spontane Reaktion auf dieses (inzwischen) heikle Thema nach der zweiten Flöte Sekt: „Naja, man muss jeden der Chefs halt auf verschiedene Weise unter Kontrolle bringen.“ Würde mich wundern, wenn die Kollegen das anders sähen. Ja, der große Zehelein bringt in seiner (wieder einmal beeindruckenden) Laudatio durchaus seine anfänglichen Schwierigkeiten, mit dieser für ihn neuen Erfahrung des Widerworts konstruktiv umzugehen, zum Ausdruck. Es folgten bekanntlich 15 legendäre Jahre. Sicher keine allgemeine Antwort auf die derzeit geführte Machtdebatte, aber doch ein verschmitzter Lösungsansatz in dieser konkreten Arbeitsbiografie.

Ob Frau Weng-Gebhardt diese Qualifikation in vielen Coachings und Mediationen erlangt hat? Mitnichten – von der Schule kam sie unmittelbar ins Theater und erlangte diese enorme sozial-theatrale Kompetenz im learning by doing.

Also eine klassische Vorzimmerdame? Ebenso mitnichten, denn neben dem klassischen Vorzimmer, das ja sowieso unzählige Qualifikationen auf sich vereint, ist Monika bspw. gerade in juristischen Alltagsfragen zum NV-Vertrag eine wunderbare Stütze für alle Beteiligten und vermeidet mit Voraussicht viele Konflikte, die an anderen Theatern schon fast Standard zu sein scheinen – juristisch, menschlich, budgetär. Und inzwischen ist sie – diametral zu allen Theatergenen – Homeoffice- und Kurzarbeit-Profi.

Ein klassischer Vorzimmerdrachen also? Mitnichten, finde zumindest ich. Und wenn ich sehe, wie Monika gerade die wirklich komplexen Intendanz-Übergänge moderiert hat, dann war das ein Zauberwerk an Loyalität, Ehrlichkeit, Furchtlosigkeit, Geduld und Erfahrung. Würde mich wundern, wenn die Kolleg*innen das anders sähen.

Vorschlag: Warum werden nicht ebensolche „Theatertiere“ wie Monika Weng-Gebhardt in jene Strukturkommissionen berufen, die sich derzeit um Macht- und Strukturdebatten im deutschen Theatersystem kümmern, sondern weiterhin traditionelle Betriebsratsvorsitzende mit entsprechender Agenda, Vorstände der mächtigen Kollektive mit entsprechender Agenda, Intendant*innen mit Agenda....? MWG hat vieles aus nächster Nähe erlebt: Generalintendanten und Spartenintendanten, GMDs mit wenig Macht und GMDs mit zuviel Einfluss, Gerichtsprozesse zwischen Orchestervorständen und Intendanten, bekannte und verschwiegene Liebschaften, Machtfragen natürlich, Abteilungsleiter*innen-Intrigen, Verrisse in der lokalen Zeitung, Politikerspiele undsoweiterundsofort.....

Aus dem Bauch heraus würde ich gleichzeitig unken, dass MWG eine solche Einladung nicht annehmen würde – gnadenlose Diskretion ist die kompromisslose Grundüberzeugung ihrer Arbeit.

Und wie hat es MWG geschafft, dass bei der Feierstunde alle vier Herren Intendanten so gleichermaßen euphorisch von der gemeinsamen Zeit berichten? Die Antwort ist einfach und gleichzeitig so gar nicht trivial: Weil MWG über all die Jahre loyal und ehrlich – und durchaus im Wissen um die damit evtl. verbundenen Unannehmlichkeiten – die persönliche Referentin des Intendanten der Oper Stuttgart war – wer auch immer diesen Job jeweils konkret inne hatte. Sie „dient“ loyal dem Amtsinhaber bei aller Berücksichtigung dessen Persönlichkeit, nicht umgekehrt; und damit dem ganzen Haus. Seit 40 Jahren und in diesen Zeiten mehr denn je ist das eine geradezu visionäre Konzeption...
Die Staatsoper Stuttgart, alle Mitarbeitenden, die Künstler*innen, alle ehemaligen und zukünftigen Freunde des Hauses – und ganz besonders ich persönlich – sind Monika Weng-Gebhardt zu tiefem Dank verpflichtet und gratulieren von Herzen zu diesem besonderen Jubiläum!
– Viktor Schoner