Tenor Moritz Kallenberg gibt am 22. Juli sein Debüt als Monteverdis Orfeo. Im Gespräch mit Paula Stietz erzählt er von den besonderen Herausforderungen der Location, und seiner Begeisterung für diese „favola in musica“.
Was fasziniert Dich besonders an Monteverdis L’Orfeo?
Diese Oper ist für mich eine der schönsten, bedeutendsten und innovativsten Werke überhaupt! Wie Monteverdi damit das musikalische Erzählen von Geschichten in eine völlig neue Sphäre geballert hat – ich weiß nicht, ob es das nach ihm je wieder in diesem Maß gab.

Außerdem finde ich die Figuren wahnsinnig spannend und vielschichtig. Orfeo ist ja ein Halbgott, hat aber auch diese menschliche Hybris. Er kann den Tod seiner Frau nicht akzeptieren, und setzt sich über die Grenzen des Todes hinweg. Wie weit kann er gehen, wie weit können wir Menschen gehen?
Orfeo (Moritz Kallenberg) begegnet der personifizierten Hoffnung (Pihla Terttunen) – Foto: Matthias Baus
Wir sprechen heute direkt vor der Hauptprobe, übermorgen ist Premiere. Wie läuft die Probenarbeit?
Ich fühle mich gerade wie auf einer Baustelle. Das Fundament ist schon fertig und sehr stabil. Aber an allen Ecken wird noch geschraubt, bis zur letzten Sekunde wird an Feinheiten geschleift.
Ihr spielt im Club „Im Wizemann“, geht im Verlauf des Stückes aber auch nach draußen. Das Orchester bleibt drinnen, wird per Lautsprecher eingespielt, an anderer Stelle bekommt das Publikum Kopfhörer aufgesetzt, und auch ihr hört das Orchester nur per In-Ear-Kopfhörer. Das stelle ich mir schwierig vor.
Es stellt vor allem an die Techniker*innen hohe Anforderungen, die im Verlauf des Abends auch stark variieren. Zum Beispiel am Anfang: Da brauchen wir die Mikros eigentlich gar nicht, die sind nur wichtig für den Dirigenten, damit er uns überhaupt hört, weil er mit dem Orchester hinter der Bühne sitzt. Und wenn am Ende alle über Kopfhörer hören, muss live abgemischt werden. Für mich ist das schwierigste daran, immer eine gute Balance von Stimme und Orchesterklang zu finden.
Oper unter freiem Himmel: Josefin Feiler verkörpert mit La Musica, Euridice und Proserpina gleich drei Rollen, hinter ihr Moritz Kallenberg. – Foto: Matthias Baus
Was bedeutet es für Dich als Sänger, außerhalb des Opernhauses zu spielen?
Im Opernhaus sind alle Abläufe ganz klar. Die Technik ist eingespielt, man hat immer die Situation, dass von der Bühne in den Zuschauerraum gesungen wird. Jede*r hat eine feste Rolle. Wir Sänger*innen sind auf der Bühne, das Publikum im Saal. Als Zuschauer*in kann man dabei mehr oder weniger aufmerksam sein, voll bei der Sache sein oder auch ein kleines Nickerchen halten. Hier ist das ganz anders: Das Publikum wird Teil der Inszenierung. Wenn ich zum Beispiel mitten durch die Leute laufe, um den Styx zu überqueren oder ich ihnen als Orfeo buchstäblich einen Spiegel vorhalte. Die klassische Zuschauerrolle wird aufgebrochen. Für das Publikum ist das sicher eine ganz besondere Erfahrung, so nah dran sein zu können. Für mich als Sänger bedeutet das, ich muss viel achtsamer für das Drumherum sein. Jeden Moment kann etwas Unvorhergesehenes passieren.
L’Orfeo im Club – wie passt das eigentlich zusammen?
Das Stück ist eine Geschichte über Verlust und Hybris. Aber es ist gleichzeitig auch eine Art Totenparty, handelt vom Vernarrtsein darin, sich über Grenzen hinwegzusetzen. Das passt doch perfekt in die Club-Atmosphäre.
Noch ist Party: Moritz Kallenberg und das Ensemble im Club. – Foto: Matthias Baus

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