Es ist eines dieser ganz besonderen, berühmt-berüchtigten Soli: Mit dem Siegfried-Ruf hat Richard Wagner eine außergewöhnliche Partie für Horn komponiert. Philipp Römer, Solo-Hornist im Staatsorchester Stuttgart, darf sie spielen und berichtet von den Herausforderungen um die sagenumwobene Passage.
In der Orchesterbesetzung von Richard Wagners Siegfried sind ganze acht Hörner aufgelistet. Oder wenn man’s im Orchesterjargon sagen will: acht „Glücksspiralen“. Einerseits rührt dieser Spitzname daher, dass ein Horn (würde man es abwickeln) aus einer etwa 3,8 Meter langen konischen Messingröhre besteht. Andererseits sind die für Horn geschriebenen Partien oftmals ziemlich schwer zu spielen: Je höher die Töne werden, desto näher liegen sie beisammen. Das kann man sich ungefähr anhand einer Klaviatur vorstellen, bei der in den höheren Tönen die Tasten immer schmäler werden und am Ende nur noch so breit wie ein Finger sind. Da kann es schon mal passieren, dass man den benachbarten Ton erwischt und Kiekser aus dem Instrument kommen. Wenn man wiederum beim Horn den Luftdruck oder den Ansatz auch nur um einen Millimeter verändert, läuft man schnell Gefahr, dass dasselbe passiert.

Mit dem Siegfried-Ruf hat Wagner eines der berühmt-berüchtigtsten Soli für das Horn komponiert. Es ist lang, anstrengend und endet auf dem Hohen C. Philipp Römer spielt dieses Solo. Dabei sitzt er nicht im Graben bei seinen Kolleg*innen, sondern er steht auf der Bühne hinter den Kulissen – von wo aus er den Dirigenten nicht direkt sehen kann, lediglich über den Monitor. Doch das ist nicht so wild: Die eigentliche Schwierigkeit besteht darin, sich im Spiel am Siegfried-Darsteller Daniel Brenna zu orientieren. Sobald der sein Horn-Requisit ansetzt, muss auch der Ruf erklingen.
Seit 1903 tragen sich die Siegfried-Ruf-Spielenden in die Originalnoten ein, aus denen bis heute gespielt wird.
Seit der Uraufführung 1876 im Bayreuther Festspielhaus dürfen sich die Musiker*innen, die den Ruf dort gespielt haben, mit Datum und Namen in die Originalnoten eintragen. Über die Jahre ist so eine beachtliche Liste zusammengekommen, die bis heute fortgeführt wird. Auch in Stuttgart gibt es diese Tradition, welche bis in das Jahr 1903 zurück reicht. Hier werden die fast 120 Jahre alten Noten immer noch verwendet, die im Lauf der Zeit schon den ein oder anderen Siegfried-Ruf gehört haben.

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