Ariadne in Köln

Die Staatsoper Stuttgart auf Tour: Am 5. Juni war eine konzertante Version von Richard Strauss’ „Ariadne auf Naxos“ in der Kölner Philharmonie zu Gast. Am Ende gab’s Standing Ovations für eine bewegende Aufführung – auch ganz ohne Bühnenbild und Kostüme!
Ein bisschen fühlt es sich an wie Klassenfahrt, als sich über fünfzig Solist*innen, Musiker*innen des Staatsorchesters und einige weitere Mitarbeiter*innen des Hauses am Mittwochmorgen am Stuttgarter Hauptbahnhof treffen, um gemeinsam in den Zug nach Köln zu steigen. Während der Fahrt gehen die Sänger*innen noch ihre Partien durch; die Regieassistentin Judith Lebiez, die bei diesem Gastspiel auch als Inspizientin fungieren wird, geht noch einmal alle Auf- und Abtritte durch. Gerade bei einer Oper wie Ariadne auf Naxos und besonders im personenreichen Vorspiel kein leichtes Unterfangen – zumal alle Beteiligten nur noch wenig Zeit für eine Probe haben werden.

Die Solist*innen der Hauptpartien, zwei Orchesterwarte und Generalmusikdirektor Cornelius Meister bereits am Dienstag angereist. Gerade bei anstrengenden Partien wie Bacchus, Ariadne, Zerbinetta oder dem Komponisten braucht es Ruhe vor dem Auftritt.
Die Logistik
Ein großer logistischer Aufwand steckt auch hinter dem Transport der Instrumente: Am Dienstagabend fand im Probenzentrum bis 21.30 Uhr noch eine Sitzprobe zur anstehenden Premiere von Mefistofele statt – erst danach konnten alle Instrumente, Fräcke und die Bühnengarderobe eingepackt, verladen und transportiert werden. Über Nacht wurde die Fracht dann nach Köln transportiert, so dass sie am Mittag des 5. Juni aufgebaut werden konnten. Mitgereist ist selbstverständlich auch das Harmonium der Staatsoper: Das Instrument erklang bereits bei der Stuttgarter Uraufführung der Oper 1912 – und wird seitdem wie ein Schatz gehütet.
Angekommen am Kölner Hauptbahnhof!
Ankunft in Köln: Nach einer Mittagspause und dem Bezug der Hotelzimmer geht es in die Philharmonie. Alle Beteiligten zeigen sich begeistert von dem architektonisch wie akustisch großartigen Raum – und doch liegt noch eine Menge Arbeit vor den Solist*innen, Musiker*innen und der gesamten Crew: Wie klingt der Saal? Wie läuft die Verständigung zwischen Sänger*innen und Dirigent? Wie funktionieren die Auf- und Abtritte? Wo können die Solist*innen im Raum stehen?

Davor wurde am Vormittag bereits die Aufstellung des Orchesters besprochen: Gemeinsam mit der Haustechnik der Kölner Philharmonie und den beiden mitgereisten Orchesterwarten besprachen die Direktorin Künstlerische Produktion Simone Theilacker und Cornelius Meister die Möglichkeiten der Podienhöhen und Orchesteraufstellung. Immerhin: Das Orchester von Ariadne auf Naxos umfasst nur 35 Musiker*innen!
Der Dirigent als Regisseur: die Anspielprobe
Im Vorfeld der Aufführung berichtet Cornelius Meister im Interview mit WDR 3 über seine Arbeit an der Oper: „Auch wenn wir das Werk konzertant aufführen, ist es doch auch szenisch. Ariadne ist sehr theatral gedacht – und das wird man auch sehen.“ 

Bei der Anspielprobe wird Cornelius Meister also zum Regisseur und arrangiert die Sänger*innen neu, so dass es einerseits szenisch wirkt, andererseits aber auch akustisch funktioniert. Kann Simone Schneider als Ariadne zu Beginn ihres Auftritts in der Oper auch hinter dem Orchester stehen? Ihre Abgeschiedenheit auf der „wüsten Insel“ würde so noch sinfälliger. Können die Komödianten bei ihrem ersten Auftritt auf der Chorempore stehen?

Zwischendurch noch ein Schockmoment: Der Sänger des Perückenmachers Elliot Carlton Hines hat wegen einer Erkältung plötzlich keine Stimme mehr. Was tun? Dankenswerterweise erklärte sich Moritz Kallenberg, der Darsteller des Offiziers, bereit, die kleine Partie so kurzfristig zusätzlich zu übernehmen – und dieser lernt sie innerhalb kürzester Zeit.

Haushofmeister Harald Schmidt derweil freut sich auf ein „Heimspiel“ in Köln: Muss er für die Stuttgarter Aufführungen eigens anreisen, liegt die Kölner Philharmonie für ihn deutlich näher.
Begrüßung der Künstler*innen in der Kölner Philharmonie durch den Intendanten Louwrens Langevoort
Ariadne im Konzert
Bis kurz vor der Öffnung des Saals wird noch an Details gefeilt und geprobt – doch schließlich beginnt die Oper. Im Gegensatz zur Stuttgarter Produktion von Jossi Wieler und Sergio Morabito, bei der Vorspiel und Oper getauscht sind, wird hier die in der Partitur vorgesehene Reihenfolge gespielt. Bereits nach dem Vorspiel gibt es großen Applaus, insbesondere für Diana Haller als Komponist (im roten Anzug aus der Stuttgarter Ariodante-Inszenierung). Und auch nach der Oper zeigt sich das Kölner Publikum begeistert: Standing Ovations für alle Beteiligten!

Danach: Glückliche Gesichter bei allen Solist*innen und Musiker*innen – nicht zuletzt durch das obligatorische Kölsch, das Louwrens Langevoort, der Intendant der Kölner Philharmonie, unmittelbar nach Konzertende reichen lässt. Während die Künstler*innen schon feiern gehen können, müssen die Mitarbeiter*innen der Maske und der Garderobe und die Orchesterwarte zunächst alles abbauen und verstauen, denn über Nacht geht der Transport bereits wieder zurück nach Stuttgart. Doch zum gemeinsamen Essen kommen dann alle wieder zusammen.

Am nächsten Morgen dann geht es wieder zurück nach Stuttgart. Und alle sind sich einig: Wir kommen gern wieder – ein beglückendes Gastspiel!