Drei Generationen – drei starke Frauen

Janáčeks „Jenůfa“ erzählt die Geschichte einer jungen Frau, die – unverheiratet schwanger – droht, aus der Gesellschaft ausgeschlossen zu werden. Ihr zur Seite stehen ihre Zieh-Großmutter und ihre Stiefmutter, beide in ambivalentem Verhältnis zum Vater des Kindes. Für Jenůfa wollen sie beide nur das Beste – was letzten Endes allerdings dazu führt, dass die Stiefmutter das Kind tötet, um Jenůfa einen Neuanfang zu ermöglichen. Wir haben Esther Dierkes, Rosie Aldridge und Helene Schneiderman nach ihrer Sicht auf ihre Rollen und diese aufwühlende Familiengeschichte befragt.
Auf einer Skala von 1 bis 10: Wie bewegend ist Jenůfa?
Alle: Definitiv eine 10!
Wie würdest du deine Rolle beschreiben?
Esther Dierkes: Jenůfa ist eine starke Frau, die sich in einer Männer dominierten Gesellschaft zurecht finden muss.

Rosie Aldridge: Die Küsterin Buryja ist eine emotional gezeichnete Frau, deren Liebe zu ihrer (Stief-)Tochter so überwältigend ist, dass sie von einer verurteilenden und gewalttätigen Gesellschaft an den Rand gedrängt wird.

Helene Schneiderman: Ich singe die Schwiegermutter von Rosies Rolle und Jenůfas Großmutter.
Wie ist das Verhältnis zwischen den drei Generationen, wie ist euer Zusammenspiel?
Helene Schneiderman: Zwischen allen Generationen gibt es extreme Spannungen. Ich als Großmutter zum Beispiel favorisiere ganz klar den einen Enkel (Števa) mehr als den anderen (Laca). Aber auch unabhängig von den Generationen sind fast alle zwischenmenschlichen Beziehungen vorbelastet: Hätte Jenůfa eine Facebook-Seite, würde ihr Beziehungsstatus lauten: „Es ist kompliziert“! 🤣

Rosie Aldridge: Meiner Meinung nach haben Jenůfa und die Küsterin Buryja viele Gemeinsamkeiten. Nicht in dieser Inszenierung, aber im Libretto. Beide waren jung und töricht, hörten nicht auf den Rat ihrer Mutter – was kein gutes Ende nahm. Die Küsterin liebt ihre Stieftochter sehr und möchte, dass sie im Leben Erfolg hat und eines Tages aus dem Dorf herauskommt. Die Großmutter respektiert sie als die Ältere, aber ich glaube, dass sie sehr unterschiedlich über das Leben denken. Es gibt keine Bindung zwischen ihnen: Die Großmutter kann ihren Sohn und ihren Enkel nicht als das sehen, was sie wirklich sind. Die Küsterin dagegen ist eher misstrauisch – und einsam.
Was bedeutet eure Rolle euch persönlich?
Esther Dierkes: Mit der Rolle als Jenůfa geht ein lang gehegter Traum in Erfüllung! Es ist eine weitere wichtige Rolle in meiner Karriere und ich müsste flunkern, wenn ich sage, dass nicht auch ein bisschen Jenůfa in mir selbst steckt.

Rosie Aldridge: Diese Rolle bedeutet mir alles. Ich habe mich in meiner gesamten Laufbahn noch nie so sehr mit einer Rolle verbunden gefühlt. Ich habe das Gefühl, dass die Küsterin furchtbar missverstanden wird: Wir nennen sie sogar nach ihrer Rolle in der Gemeinschaft und nicht nach ihrem Namen: Kostelnička, die Küsterin. Sie wird entmenschlicht. In Wirklichkeit handelt es sich jedoch um ein Opfer häuslicher Gewalt, das seine Stieftochter bedingungslos und ohne Fragen zu stellen adoptiert hat und liebt. Sie ist ein guter Mensch, der die falschen Entscheidungen getroffen hat. Wenn die Menschen sich nicht mit ihr identifizieren können, dann habe ich meine Arbeit nicht gut gemacht. In Wirklichkeit sind wir sehr unterschiedliche Menschen: Ich liebe es zu lachen und Spaß zu haben. Aber das liegt natürlich auch mit daran, dass ich das Glück hatte, in einer fröhlichen Gesellschaft aufzuwachsen, in der Gedankenfreiheit und freie Meinungsäußerung gefördert wurden.

Helene, Esther und ich sind alle Mütter. Esther und ich sind aus der gleichen Generation und haben beide kleine Kinder. Wir drei haben also versucht, diese traumatische und schmerzhafte Geschichte als Frauen und Mütter gemeinsam zu bewältigen.

Helene Schneiderman: Für meine Karriere ist die Rolle der Alten Buryja ein Experiment in einem neuen, eher dramatischen Fach. Es ist eine kurze Rolle, aber sie einige Momente mit sehr schöner Musik. In jeder Rolle, die ich singe, steckt sehr viel „Ich“, auch wenn die Situation in der Geschichte völlig anders sein kann. Psychologisch gesehen ist die Frau, die ich spiele, eine Optimistin (wie ich) und sie akzeptiert die Alkohol- und allgemeinen Probleme ihres eigenen Mannes – und später auch von Števa, ihrem Lieblingsenkel.

Jenůfa

Nov 2023
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Dez 2023
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