Johannes-Passion

von Johann Sebastian Bach
Ein szenisches Oratorium

in deutscher Sprache mit deutschen und englischen Übertiteln
Aufbrausende Chöre, innige Choräle und die herzergreifenden Arien, die wie meditative Andachtsbilder zum Mitleiden aufrufen: All das ist Johann Sebastian Bachs Vertonung der biblischen Johannes-Passion. Den Kern der Erzählung vom Leiden und Sterben Jesu bilden Petrus’ Loyalitätsdrama, der Gewissenskonflikt des römischen Statthalters Pontius Pilatus und der Kreuzweg. Die Behauptung Jesu, er sei Gottes Sohn, ist jedoch, was die Gemeinschaft entlang von Glaubenslinien auseinanderbrechen lässt. Ulrich Rasche und sein Team inszenieren die Johannes-Passion wie eine antike Tragödie: als packende Chronik einer Spaltung.
Ort
Opernhaus
Dauer
ca. 2 Stunden, keine Pause
Uraufführung
1724 in Leipzig

Altersempfehlung
ab Klasse 8
45 Minuten vor Vorstellungsbeginn findet eine Einführung im Foyer I. Rang statt.
Mehr dazu
„In der symbolischen Leere gehen jene sinn- und gemeinschaftsstiftenden Bilder und Metaphern verloren, die das Leben stabilisieren. Die Erfahrung der Dauer nimmt ab.“ (Byung-Chul Han) Zentrale Funktion des Ritus, der im Kollektiv begangenen kultisch-religiösen Feier, ist seit eh und je, symbolischen Kitt herzustellen, mit dem sich Gruppen eines gemeinsamen Ursprungs erinnern (so wurde einst das europäische Theater aus dem griechischen Kultus geboren). Auch in Johann Sebastian Bachs Johannes-Passion hat die Wiedererzählung der Leidensgeschichte Jesu Christi eine universale politisch- vergemeinschaftende Seite: Die Frage nach der Herkunft Jesu spaltet eine Gruppe und produziert Stimmen mit unterschiedlichem Identifikationswert. In den herzerschütternden musikalischen Andachtsbildern vertiefen sich die einen in die menschlichen Dimensionen des Leidens Jesu, finden darin Trost und Stärke. Andere zweifeln an seinem göttlichen Ursprung, verlieren ihre Empathie, klagen an und toben. Die Johannes-Passion lenkt den Blick nicht allein aufs Jenseitige, sondern auch auf den Ursprung der individuellen Handlung aus der kollektiven Haltung – auf Fragen von Herrschaft und Zugehörigkeit, das Leid der Anderen und die Verantwortung ihnen gegenüber. Braucht es nicht nach allem, was wir wissen und wie wir gelebt haben, eine Neubewertung für die Verstrickung der Einzelnen mit der Welt? Regisseur und Bühnenbildner Ulrich Rasche projiziert diese Themen in einen Chor, in dessen Anschuldigung und Mitleiden sich Perspektiven des Gemeinschaftlichen abbilden. Welche davon wir leben wollen und können, wird sich zeigen.
Das Stück in Kürze
Johann Sebastian Bachs Johannes-Passion erzählt die Leidensgeschichte Jesu auf dem Weg zum Kreuz und zeigt ihre universale politisch-vergemeinschaftende Seite: Die Frage nach der Herkunft Jesu spaltet eine Gruppe und produziert Stimmen mit unterschiedlichem Identifikationswert. In herzerschütternden musikalischen Andachtsbildern vertiefen sich die einen in die menschlichen Dimensionen des Leidens Jesu, finden darin Trost und Stärke. Andere zweifeln an seinem göttlichen Ursprung, verlieren ihre Empathie, klagen an und toben. Die Johannes-Passion lenkt den Blick nicht allein aufs Jenseitige, sondern auch auf den Ursprung der individuellen Handlung aus der kollektiven Haltung – auf Fragen von Herrschaft und Zugehörigkeit, das Leid der Anderen und die Verantwortung ihnen gegenüber.
Handlung
I. Actus hortus/Christi Leiden im Garten
Jesus geht mit seinen Jüngern in der Nacht vor dem Passahfest in den Garten Gethsemane. Dort findet ihn die Schar rund um seinen Verräter Judas Iskariot, denn er wird von den jüdischen Autoritäten gesucht. Als die Diener der Hohepriester und der Pharisäer erkennen, wen sie vor sich haben, fallen sie in den Staub. Jesus gibt an, ohne Gegenwehr mit ihnen gehen zu wollen, wenn man nur seine Gefolgschaft unbehelligt lässt. Sein erster Jünger Petrus will ihn verteidigen, zieht ein Schwert und schlägt einem aus der Schar das rechte Ohr ab. Doch Jesus hält ihn zurück: Er wolle den Kelch trinken, den ihm sein Vater gegeben hat.

II. Actus Pontifices/Christi Leiden vor den Priestern
Jesus wird zum Verhör vor den Hohepriestern geführt. Einer von ihnen, Kaiphas, bekräftigt ein früheres Urteil: Es sei besser, ein Mensch würde geopfert für das Volk, als dass es ganz verderbe. Petrus und ein anderer Jünger folgen Jesus in des Hohepriesters Hannas Palast. Doch auf der Schwelle fragt eine Magd Petrus, ob er nicht ein Jünger Jesu sei, was er verneint. Im Hof gesellt sich Petrus zu den Dienern und Knechten am Feuer, während die Hohepriester Jesus um seine Lehren befragen. Jesus gibt an, nichts zu verbergen zu haben und dass seine Lehren allen bekannt seien, die sie gehört hätten. Da schlägt ihm ein Knecht Hannas’ ins Gesicht. Jesus fragt ihn, ob er beweisen könne, dass er Böses gesagt hätte, und ob es ihm recht vorkäme, ihn zu misshandeln. Während Jesus zu Kaiphas geführt wird, fragen auch die Diener und Knechte im Hof Petrus, ob er nicht ein Jünger Jesu sei, was Petrus abermals verneint. Ein Knecht fragt weiter, ob er ihn nicht mit Jesus im Garten gesehen habe, was Petrus zum dritten Mal verleugnet. Da versteht Petrus die Prophezeiung Jesu, er werde ihn noch vor dem Morgengrauen dreimal verleugnen. Er geht hinaus und weint bitterlich.

III. Actus Pilatus/Christi Leiden vor der Obrigkeit
Man führt Jesus von Kaiphas zum Richthaus der Obrigkeit. Doch die Jesus gebracht haben, bleiben wegen der rituellen Gebote vor dem Passahfest mit ihrem Gefangenen draußen. Als der römische Statthalter Pontius Pilatus vor das Richthaus tritt, fragt er die aufgebrachte Menge, was man Jesus vorwirft. Aus Ratlosigkeit versucht er, den Urteilsspruch wieder an die Menge zurück zu delegieren, doch vor dem römischen Gesetz dürfen sie keinen Menschen selber töten. Pilatus nimmt Jesus mit in das Richthaus und befragt ihn: Ob er der Juden König sei? Doch Jesus fragt nur zurück, ob es Pilatus’ Frage sei oder die anderer. Pilatus fragt Jesus, weshalb sein Volk ihn zu ihm gebracht habe. Jesus entgegnet, er habe auf Erden keine Gewalt, denn sonst wäre er Pilatus kaum ausgeliefert worden. Auf die Frage, ob er dennoch ein König sei, erwidert Jesus, dass dies stimmt und er gekommen sei, um auf Erden Wahrheit zu verkünden.
Doch „Wahrheit“ leuchtet Pilatus nicht ein. Vor dem Richthaus fragt Pilatus die Menge, ob sie nicht vom Privileg Gebrauch machen wollten, dass zum Passahfest ein Verurteilter freigelassen wird. Die Menge aber fordert statt Jesus die Herausgabe des Mörders Barabbas. Daraufhin lässt Pilatus Jesus geißeln und die Kriegsknechte misshandeln ihn weiter, setzen ihm eine Dornenkrone auf, legen ihm einen Purpurmantel um und verspotten ihn als „Judenkönig“. Solcherart zugerichtet führt Pilatus Jesus vor das Richthaus und präsentiert ihn der Menge. Doch diese fordert Jesu Kreuzigung, für die Pilatus aber keinen Grund zu erkennen vorgibt. Laut jüdischem Gesetz müsse er aber getötet werden, da er sich selbst zu Gottes Sohn erklärt habe, schallt es Pilatus entgegen. Das Verhör wird fortgesetzt und kreist um die Frage, wem auf Erden Macht vom Himmel gegeben sei, was Pilatus Angst einjagt. Doch er kann Jesus nicht freilassen, da die Menge ihn mit Jesu Majestätsbeleidigung konfrontiert: Er habe sich angemaßt, den römischen Kaiser herauszufordern und dafür müsse er gekreuzigt werden. Ein letztes Mal fragt Pilatus, ob er den König der Juden kreuzigen solle, was die Menge damit beantwortet, dass sie keinen König habe denn den Kaiser. So ist entschieden, dass Jesus am Kreuz sterben soll und sein Weg nach Golgatha beginnt.

IV. Actus crux/Christi Leiden am Kreuz
Jesus wird zwischen zwei Verbrechern ans Kreuz geschlagen, auf das Pilatus die Inschrift „Jesus von Nazareth, der Juden König“ in hebräischer, lateinischer und griechischer Schrift setzen lässt. Dies reizt die Menge zu Füßen des Kreuzes auf, denn man findet, es solle dort stehen, Jesus hätte lediglich behauptet, König der Juden zu sein. Doch Pilatus bleibt bei seiner Inschrift. Während die Kriegsknechte um Jesu Gewand würfeln, empfiehlt Jesus seine Mutter Maria in die Obhut seines liebsten Jüngers. Als Jesus sagt, er habe Durst, reicht man ihm einen Schwamm mit Essig. Damit ist die Vorsehung erfüllt und nach den Worten „Es ist vollbracht!“ stirbt Jesus am Kreuz. Da zerreißt der Vorhang im Jerusalemer Tempel und die Erde bebt. Damit die Leiber der Gekreuzigten nicht über den Sabbat und Passah hängen bleiben, sollen ihnen die Knochen gebrochen werden, um ihren Tod zu beschleunigen. Doch da Jesus bereits tot ist, bricht man seine Knochen nicht. Einer der Kriegsknechte stößt seine Lanze in Jesu Seite und es kommen Blut und Wasser heraus: Er war ein Mensch!

V. Actus sepulchrum/Christi Begräbnis
Jesu Leichnam wird auf Bitten seines heimlichen Jüngers Joseph von Arimathia vom Kreuz genommen. Mit Nikodemus’ Hilfe, der schon früher vor den jüdischen Autoritäten für ihn eingetreten ist, wird Jesus reich gesalbt in leinene Tücher gebunden und man legt ihn in ein neues Grab in einem Garten nahe bei Golgatha.
Libretto
Den gesamten deutschen Text finden Sie hier:

Audioeinführung

Bildergalerie

Trailer

Auszug aus dem Programmbuch

„Der Chor schreitet im Puls der Musik, vorangetrieben vom exzellent aufgelegten Staatsorchester unter Diego Fasolis.“
Süddeutsche Zeitung
Egbert Tholl, 05.04.2023
„Die dramatisch bewegten Bilder besitzen bei Ulrich Rasche mystischen Zauber, der den Zuschauer fesselt.“
onlinemerker
Alexander Walther, 03.04.2023
„Moritz Kallenberg, durchgehend schwarz gekleidet, gibt einen auf berührende Weise mitleidenden, dabei nie übererregten Evangelisten mit strahlender Höhe, präziser Tongebung und klarer Linienführung: grandios!“
Südkurier
Susanne Benda, 04.04.2023
„Shigeo Ishino ist ein großartiger Jesus, dessen Antwort an Pilatus ‚Mein Reich ist nicht von dieser Welt‘ in überirdischer Weihe und Ruhe ertönt.“
onlinemerker
Alexander Walther, 03.04.2023
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