Was ist wirklich wirklich? Im Rahmen des  ersten Frühjahrsfestivals der Staatsoper Stuttgart wollen wir uns anlässlich der beiden Premieren von Hans Werner Henzes Der Prinz von Homburg und John Adams‘ Nixon in China mit der oder eben den Wirklichkeiten beschäftigen. In einer Reihe von Gesprächsveranstaltungen, Sinfonie-­, Kammer-­ und Liedkonzerten, einer Langen Nacht der Minimal Music, einem Wirklichkeits-Kongress und zahlreichen Repertoire-­Vorstellungen soll es um Parallelitäten, Wirklichkeitskonstruktionen und -veränderungen gehen.

Wirklich? Wirklich!
Wie wirklich die Wirklichkeit ist, ist sicherlich eine Lieblingsfrage der Philosophie. Spätestens mit dem gehäuften Auftreten „alternativer Fakten“ oder den gezielten Manipulationsversuchen durch „fake news“ werden wir gegenwärtig allerdings auch im Alltag immer öfter mit diesem Problemfeld konfrontiert. Für die Darstellenden Künste ist die Frage nach der Wirklichkeit und ihrer Abbildbarkeit seit jeher zentral. Bertolt Brecht hat den Aspekt des Realismus auf der Bühne prägnant zusammengefasst: Es gehe eben nicht darum, wie wirklich die Dinge sind, sondern darum, wie die Dinge wirklich sind. Das trifft auch auf die Oper zu, die in ihren formalen Grundvereinbarungen eher artifiziell als realistisch ist und daher von vornherein eine größere Übersetzung der Wirklichkeit liefert, was wiederum zur aktiven Dechiffrierung und damit zu Wirklichkeitserkundungen einlädt. 

In den kommenden Spielzeiten soll es zwischen zwei Premieren im März/April um die Auseinandersetzung mit einem übergeordneten Thema gehen, das in verschiedenen Veranstaltungsformaten zu einem Frühjahrsfestival verdichtet wird. In dieser Saison spielt in zwei unserer Neuproduktionen die Frage nach Wirklichkeit und Realität eine große Rolle: In Nixon in China geht es am Beispiel eines der größten Medienereignisse des 20. Jahrhunderts um Überlagerungen von Inszenierung und Realität. Und im Prinz von Homburg  geht der Titelfigur in ihren Traumwelten anscheinend der Bezug zur Wirklichkeit, wie sie von anderen definiert wird, verloren. Anlässlich dieser beiden Premieren wollen wir uns vom 17.3. bis zum 15.4.19 mit der oder eben den Wirklichkeiten beschäftigen: Was ist wirklich wirklich? In einer Reihe von Gesprächsveranstaltungen, Sinfonie­, Kammer­ und Liedkonzerten, einer Langen Nacht der Minimal Music, einem Wirklichkeits-Kongress und zahlreichen Repertoire­Vorstellungen soll es um Parallelitäten, Wirklichkeitskonstruktionen und -veränderungen gehen. „Wenn es einen Wirklichkeitssinn gibt, dann muss es auch einen Möglichkeitssinn geben“, schreibt Robert Musil im Mann ohne Eigenschaften. Der Möglichkeitssinn zielt auf das, was nicht ist, aber ebenso gut sein könnte. Eine mögliche Wirklichkeit verhält sich spiegelverkehrt zu einer wirklichen Möglichkeit. Denn in gleichem Maße, wie die Wirklichkeit Möglichkeiten weckt, können aus Möglichkeiten Wirklichkeiten entwachsen.“